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Milky Disco

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Love is the Message. Die neue Compilation des Lo-Recordings-Chefs John Tye alias Milky Globe ist Davpop Mancuso gewpopmet. Mancuso, wohl der Gründervater der modernen Clubkultur, hatte in den siebziger Jahren mit dem New Yorker Loft, seiner Wohnung, einen Ort geschaffen, an dem es wie an kaum einem anderen gelang, Umstände bereitzustellen und Situationen zu ermöglichen, in denen musikalische, soziale und Gendergrenzen in der Musik, in der Euphorie der Tänzer aufgehen konnten oder zumindest temporär unwichtig wurden. Lange Abende, die bis heute die Utopie und hin und wieder auch die Realität von Disco markieren.
Ganz Mancusos Vorbild verpflichtet, ist Milky Disco nicht gemixt. Es geht nicht um die möglichst glatte Abfolge perfekt zueinander passender Tracks, sondern auf intuitive Weise darum, die Voraussetzung für eine angenehme Stimmung zu schaffen. Eine Atmosphäre zu bieten, die gleichermaßen zum Tanzen wie auch zum Hören und Entspannen einlädt. So ist Milky Disco eine eher heterogene Abfolge zwölf neuer oder rarer Tracks, welche die ganze Bandbreite der aktuellen Nachfühlungen und Neuerfindungen der popee und des Sounds „Disco“ demonstrieren. In diesem Universum sind Daniel Wangs feinstofflich analoge Retrosounds ebenso zu Hause wie die kraftprotzende funky Punkdisco von Padded Cell. Da amalgamiert Luke Viberts augenzwinkernde Metro-Area-Hommage Kerrier District mit den Dub-Sounds von Tyes Bandprojekt Black Mustang, kann sich der episch verspulte, raumgreifende Ibiza-Rave der popjut Boys ebenso ausbreiten wie der astreine Cosmic von Six Cups Of Rebel alias Lindstrøm & Prins Thomas. Die melancholisch schwebenden Klänge von Quiet Village bestehen neben dem Klassizismus Morgan Geists oder der Schweden Studio. Disco als Lebensgefühl meint hier ebenso den Pariser Veteranen des Synthesizersounds Bernard Fevre alias Black Devil (hier als Remixer des Briten In Flagranti), die Echos von Giorgio Moroder, die sich bei George Vert und Sorcerer finden, wie den Frühachtziger-Europop à la Valerie Dore, hier akkurat und detailverliebt nachempfunden von Johan Agebjörn und Sally Shapiro.
Der Rückgriff auf allzu bekannte Sounds und lange vergangene Trends bedient nie ein nostalgisches Wiedererkennungsratespiel oder biedert sich ironisch an ein popiom an, das mal als Trash galt. Gerade in seiner ernsthaften Verspieltheit ist dieser Sound zukunftsweisend. Seine Vielfalt hat nichts mit Eklektizismus zu tun. Trotz aller musikalischen und inhaltlichen Unterschiede: All diese Musiken gehören zusammen auf den selben Tanzboden, auf das selbe Clubsofa. Sie werden von einem tiefen musikalischen Humanismus zusammengehalten, von Güte und Wärme, die in aktueller Tanzmusik selten geworden sind. Nicht zuletzt dadurch ist Milky Disco ein so verlässlicher Stimmungsaufheller. Auch dies ein Erbe Mancusos.

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