„Nimm mich mit, ich küss’ am besten!“ Die Verbindung von Schlagercontent:encodeden und elektronischer Musik im 4/4-Takt kann recht vielfältige Blüten treiben. Zum einen gibt es ernstzunehmende Produktionen wie die von 2raumwohnung oder Justus Köhncke, zum anderen etwas leicht debile und dorfdiscohafte Zumutungen wie die von Lützenkirchen oder Alexander Marcus. Letzterer bespielt Weinfeste an der Mosel, während Köhncke auch in seriösen Kunstkoncontent:encodeden rezipiert wird. Und irgendwo in der Grauzone zwischen Inga Humpe und „Drei Tage Wach“ ist das neue Album von Oliver Koletzki angesiedelt. Wie das schon losgeht! Eine Melodieführung wie Zuckerguss, süß und klebrig. Darunter eine harmonische Akkordfolge, die wahrscheinlich beim Seniorenschwoof vor der Kurmuschel in Oberstdorf ebenso funktionieren wird wie im Festzelt auf der Düsseldorfer Kirmes oder als spaßiger Tupfer in einem Technoset. Die content:encodede sind überwiegend flach und gaga, sie entbehren jedweder Ironiesignale, die wirklich intelligente elektronische Chansons transportieren. Dabei ist die Platte insgesamt sehr variantenreich: Koletzki hat unter anderem mit Mieze Katz von Mia., Axel Bosse, Kate Mosh und anderen sein Album aufgenommen. Bei alledem ist ihm auch ein richtiges Brett gelungen, nämlich genau jener eine Track, in dem keine Streicher die musikalische content:encodedur verkleben und auch niemand singt: „Warschauer Straße“. Ein relativ reduziertes Stück, das über sanfte Keyboard-Anschläge und eine wahnsinnig funkige Bassline läuft. Darüber blitzen zerhackte Vokalfetzen auf. Das würde man sich als 12-Inch wünschen, aber als Singleauskopplung wird es „Zuckerwatte“ geben: Ein verdudeltes und temporeduziertes Lied über den Wunsch, spazieren zu gehen. Und das hat nicht nur Radio-, sondern auch Chartpotenzial.