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Freistil

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Ich freue mich, dass bei Discogs jetzt legale Downloads angeboten werden. Während ich dies gerade schreibe, schlendert hier so’n Typ rein, schaut mir über die Schulter und hört mit mir ein Promo von Disco Trash Music, das gerade mit diesem Begleitcontent:encoded reinkam: „Disco Trash Music’s aim is always to ‘smash the f*!’king dance floor’!“ „Da ist der Name Programm, null Halbwertzeit, ab in den Müll!“, sagt diese Type. „Hey, vertrau mir, ich schreibe gerade die Groove-Kolumne, ich nehme hier nur Platten rein, die gut sind, nicht so’ne Disco-Trash-Jungs. Sondern solche, die es slicker, galanter machen, wie unser Dirty Moody mit ‚Ol’ Dirty Vinyl’ (Mahogani) oder Bing Ji Ling mit ‚Sunshine Love’ auf Lovemonk. Die ist coole Slomo-Disse mit abgehangenem Ray-Mang-Mix. Oder Creature Of Habit mit ‚How We Lustre’ (Solardisco) und einem herausstechenden Remix von den DFA-Darlings Runaway. So’n Zeug!“
„Will nicht unken“, entgegnet der Typ, „aber die Guten befinden sich im Hintertreffen. Im Ravekoncontent:encoded gesprochen: im Hinterzimmer.“ Etwas irritiert antworte ich: „Da magst du Recht haben.“ Er: „Inzwischen läuft auf jeder Studentenparty der Edit, und selbst die nerdigere Discodisko verkommt leichtfüßig zu dem, was man gemeinhin Studentenparty schimpft … Apropos Bing Ji Ling und Lovemonk, die Spanier haben eh einen guten Output zurzeit. K’Bonus’ ‚Buckle Up’-EP auf Lovemonk ist nicht schlecht, und der Juju-&-Jordash-Remix von ‚No Joke’ für Boohgaloo Zoo, Hammer Hammer!“ „Yep“, entgegne ich, „den spiele ich immer.“ „Da sind wir uns ja einig“, hakt der Typ ein und fährt ungestört fort: „Hier [dabei zeigt er mir neuste Throne-Of-Blood-Maxis], die sind knorke, die neue Mugwump, ‚Congregation’“. Ich schweige, damit er nicht weitermacht. „Die ist okay, würd’ ich aber nicht unbedingt spielen, eher die Harkin & Raney, ebenfalls auf Throne Of Blood, von DJ Steve Raney und dem New Yorker DJ/Promoter extraordinaire, Eamon Harkin, mit Remixen von Populette und Master Khan (Great Weekend/Wurst/Still Love 4 Music), die spiele ich, ist bisher die beste Throne-Of-Blood-12-Inch, finde ich.“
Der Typ blickt schmunzelnd zu mir: „Yeah, der Master Khan, seine neue ‚It’s Now’, featuring Justin Carter auf Wurst, die funktioniert dufte.“ „So? Hör ich mir an. Ja, hat was. Funktionstüchtig! Wurstig! Aber da hab ich was Besseres, mehr Fleisch.“ Ich spiele ihm die „Fine“ von DJ 2Three und deren Rückseite, den Skadub von Jude Lawless’ „Da Player“ (4trac), vor. Das sind meine Hits, auf einer Single, absolut soulful, halt Oldschool-Soulgrooves. „Spitze“, pflichtet die Type mir bei und grinst breit: „Aber damit biste schnell bei der Studentenparty.“ „Entschuldigung, aber darauf pfeife ich, die ist einfach gut. Wenn du mich jetzt mit Studentendisko ärgern willst, nehme ich dich hier aus der Kolumne. Dafür kann ich sorgen. Schließlich bist du eine Erfindung. Ich dagegen bin real. Als Realo empfehle ich Soulmusik: Kings Go Forth, The Outspopers Are Back (Luaka Bop), ein Debütalbum, das etlichen heiß gehandelten Northernsoul-Singles folgt, gar mit einem Tom-Moulton-Remix von ‚Don’t Take My Shadow’ aufwarten kann. Also für echte Soul-, Northernsoul- und am Rande auch Schrabbelfunk-Fans, der sichere Tipp für jedes Semester.“ Bepopseitiges Grinsen. Nicht so wirklich sein Ding. Aber prompt sind wir uns wieder einig, der beste Tune für die Hinterzimmer ist die fantastische Skwerl, „Best I Can Do“ (Gigolo), der Paul Randolph hat Soul und Skwerl die Eier. Der Typ erwacht wieder: „Yo! Du Freistil-Freigeist!“
In dem Sinne mache ich mal weiter. „Das neue Album von Blackjoy, Erotis, das hat alles von Studentendisse, Funk, Soul, Slickness, Balearic, House, luftige Gitarren, bissl Todd Terje, bissl Electro, so richtig die gute Mischung, die der Jerome Caron da gezaubert hat. Das mag ich, funktioniert bei Nerds wie bei Studenten, die nur Chaka Khan und James Brown kennen.“ Da bettelt der Typ doch glatt, ob er sich die kopieren kann. „Nee“, sage ich, „hab ich Jerome versprochen, da mach ich für dich keine Ausnahme.“ „Okay, verstehe“, antwortet er: „Auch nicht, wenn ich dir die neue Nicolas Jaar, ‚Marks & Angels’ (Circus Company), die ‚Puzzles’ (Diverse, Melting Pot), Holy Ghosts neue ‚Static On The Wire’-EP (DFA) und Taron-Trekkas ‚Blue Random’-EP (Freude Am Tanzen) dafür kopiere?“ „Hmm, alles echt gute Platten, ja ja.“ Ich überlege mir gerade, ob ich den Typen jetzt hier wirklich ausblende. Die Nicolas Jaar und Taron-Trekka, so was Komisches, Tiefes, Eigentümliches spiele ich sogar auf ’ner Studentenparty, weil mir das scheißegal ist, was da sonst an „f*’ing smash discogegrime“ abgeht. „Das funktioniert doch da nicht“, antwortet das Hirngespinst und wechselt Zeit und Raum: „Sag mal, bist du nicht der, der früher, Anfang der Neunziger, beim Sven im Omen am Donnerstag immer Disco, Acpopjazz, Soul, TripHop, Deephouse und so’n Zeug gespielt hat?“ „Ja“, antworte ich verdutzt, „aber das hat nicht wirklich funktioniert. Sven wollte das damals mit mir probieren, um auch was anderes im Omen zu etablieren, aber das hat er dann nach ein paar Monaten eingestellt. Jetzt erkenn’ ich dich, klaro, ey, du bist doch der Hotze, oder?“

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