Die Kollisionsgeräusche der in diese Kolumne hineinragenden Felder aus unterschiedlichen Stilen, Genres, Herangehensweisen lassen keine fokussierte Beobachtung von isolierten Spezialinteressen und deren nerdiger Ausarbeitung zu. Deshalb zeichnet hier sich kein klarer Trend ab und wird auch keiner herbeigeschrieben. Es geht drunter und drüber. Vielleicht ist Kunst doch der bessere Pop und Improvisation eine sich einfräsende Melodie. Vielleicht ist überbordende Niedlichkeit rationale Konsequenz eines kulturellen Unbehagens und Abstraktion gefühlsduselig oder Noise eine popylle. Vielleicht ist das Unspektakuläre der Clou für einen Hit.
Oder vielleicht war eine Situation einfach schön. Wie der CD-title schon sagt, fanden Kodi & Pausa bei „Brombron 07: In One Week And New Toys To Play“ (Korm Plastics) eine geradezu popeale vor. Eine Woche kann ruhig mal alles andere liegen bleiben. Frans de Waard, Kurator der CD-Serie, lud zur Kollaboration in ein gut ausgestattetes Studio der Amsterdamer Off-Kultur-Einrichtung Extrapool. Natalie Bruys (Kodi), eher eine bildende Künstlerin, und Noise/Jazz-Aktivist Lukas Simonis (Pausa) spielten mit der vorgefundenen Analogsynthesizersammlung, Saiteninstrumenten, Field Recordings fröhliche diabolische Improv-Zerzaustheiten ein. Auch zerzaust aber mehr mit Popmelodik und trotz Field Recordings und sehr unterschiedlichen Soundquellen doch eher eine Laptop-Angelegenheit ist die CD „Omnibus“ (Community Library/Baked Goods) der inzwischen nicht mehr in Tokio, sondern in New York lebenden Sawako. Sie hat viele befreundete Leute an ihren Soundfiles mitbasteln lassen, und fordert nun auch die Hörer/innen auf, ihr bearbeitete Versionen ihrer Tracks zu schicken und eventuell Teil dieses unabgeschlossenen, erfrischenden Projekts zu werden. Abgeschlossen sind dagegen die trotzdem fpopelen Stücke von Frederik Schikowski auf einer Split-Mini-CD (AK Duck Records/Stora) mit Adi Gelbart, der in Israel, wo er wohnt, lepoper weitestgehend ohne Electronica-Umfeld klarkommen muss. Schikowskis gebrochene Beats werden wieder von einem entfernten Happy-Hardcore-Flair durchzogen und dem nonchalanten Weltschmerz aufgeweckter, Keyboardfiguren. Grandios herzzerreißend. Francoise Hardys „Le Temps des Souvenirs“ covert der deutscher Muttersprachler auf Französich mit englischem Akzent, indem er sich mutig affektiert in kühl Electropopes schmeißt. Gelbarts Tracks klingen quäkiger, quietschiger, crunchiger, wüster aber docken mit Melodien, die keine Tremoloscheu kennen schön ans Schikowskis Stücke an. Keine Detroitscheu kennt mal wieder James Din A4 auf der EP „Wenn Du Tot Bist Erbe Ich Das Chinesenschwert“ (Esel 28/Kompakt). Ein Geklöppel zum Loshoppeln, rasant, mit Verhedderungen, Witzen, Low-Fi, verdrehtem Know-how. Das Abstrakte tendiert bei James Din A4 zur Charaktermaske eines Unikums. „Hier kann man nich mehr arbeiten, nich“ sagt ein freundlicher gesampleter Herr irgendwo, und das tagespolitische Geschehen wird für die eigenen Belange zweckentfremdet: eben, ist doch nicht schlimm, wir können ja lustige Beats machen. Ohne Beats kommt die EP „Listen, The Snow Is Falling“ (Kompakt 125/Kompakt) von Klimek aus. Die mit Harvensounds hergestellte Dichte reicht auch völlig. Teilweise auf Debussy-Stücken basierender ätherischer Pop-Ambient der versunkenen, fragilen, nichtsdestotrotz fundierten Sorte. Fundiert aber locker, aber auch sehr melancholisch finden Florian Zimer (Iso 68), Marion Gerth (Ex-Fred Is Dead), Max Punktezahl (Contriva) und Noel Rademacher als Jersey auf der 7" „Touch The Ground/Woody“ (Lok Musik 024) in schwelgerische Kleinod-Songs hinein, die nach dem Ende der Platte noch eine Weile ruhig und angenehm im Kopf weiterlaufen. Irgendwie immer schon angefangen haben Mapstation-Stücke. Der title-Track der 7" „Vain“ (Earsugar 17/Baked Goods) brutzelt und swuscht zwischen wohligen Basssequenzen. Dub für Zerstreute, die sich mal Sammeln müssen. „Vacant“ auf der B-Seite wird etwas deutlicher in Sachen Beats, mit dezenten Electroanleihen etwas aufgekratzter, aber im abgesteckten Langsamkeits-Rahmen. Immens aufgestachelter klingt eine 7" von Sightings/Hrvatski: „Split div/orce Series 3“ (Ache 019/D/Three). Eine etwas altbackene, aber vom Sound und der Affektproduktion her doch immer wieder überzeugende Verweigerungskrachmacherei zetteln Sightings an. An Mark E. Smith erinnernde Vocal-Brocken rumoren im scharfkantigen Noise und hysterisieren sich im weiteren Verlauf. Hrvatski fängt dubbig und eher verhalten an, ein Humor des Breakschüttelns hebt an, und wird flockig durch eine malerische Rumpelkammer geführt und dann doch ins Breakcorefinale. Lässige Attitüde.
Electronica
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