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Electronica

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Dieser Monat ist ein Fest für die Electronica-Gemeinde – so viele gute Platten. Allen voran Keith Kenniff alias Helios, der auf Caesura (Type/Indigo) das Mikro wieder beiseite legt und zu den Instrumentals zurückkehrt. Ob Eingya, die große Sternstunde auf Type, jemals zu toppen ist, sei dahingestellt, doch die Fortsetzung schlägt sich bestens. Die Drums sind teilweise lauter geworden, was dieser überirdisch schönen Musik keinen Abbruch tut, ganz im Gegenteil. Groove-orientiert gibt sich auch die neue Rumpistol: Drei Jahre ist das letzte Album her, und es hat sich einiges getan. Im Grunde immer noch digitaler Dub, aber mit Hooklines, organischer Akustik und funkelnden Klangflächen außenrum. Dynamo (Rump Recordings) erscheint pünktlich zum fünfjährigen Labeljubiläum – herzlichen Glückwunsch von hier.
Ein Konzert von Autohupen eröffnet The Elephant In The Room (Warp/Rough Trade), das neue Mira-Calix-Album, um dann für Harfen und schabende, sägende, am Nervenkostüm rüttelnde Bratschen und Celli Platz zu machen. Mit anderen Worten: zu 99 Prozent amtliche E-Musik. Das Originalmaterial entstammt zwei Opern und einer Klanginstallation.
Ähnlich arty, aber näher an der Steckdose sind Peter Rehbergs Works For GV 2004 – 2008 (Editions Mego/Groove Attack), der Soundtrack zu den apokalyptischen Inszenierungen der Pariser Puppenspielerin Gisèle Vienne. Metall auf Metall und Showroom Dummies: Weitab von der Kraftwerkschen Technikfeier tun sich Abgründe der Maschinen-Apotheose auf, aber auch zarte, fast versöhnliche Töne. So spannend wie ein gutes Hörspiel.
Balsam für wapopwunde Ohren bringt einmal mehr das unverkennbare, jazzig melodische Gitarrenpicking von Takeshi Nishimoto: Mirror (Palette/Word And Sound), das neue Album von I’m Not A Gun, wurde zwar wie üblich in wenigen Tagen aufgenommen, lässt das Duo aber weniger handgemacht klingen als sonst. Vielleicht liegt es daran, dass John Tejada seltener zu den Trommelstöcken greift und sich auf die Inszenierung von Atmosphäre und die Programmierung der Machinedrum konzentriert. Ein Sonnenuntergang Marke Kalifornien wird uns hier geschenkt. Ähnlich lichtdurchflutet und einfach schön: Swaying Boldly Afar (Plop/Broken Silence) von Old Splendifolia. Das sind F.S Blumm und Jana Plewa, die Sängerin von The Kat Cosm, und die bepopen appellieren mit frischen Folksongs an die Glücksrezeptoren, unterstützt vom Pingipung-Team – Andreas Otto spielt Cello, Sven Kacirek die Drums, am Waldhorn Harald „Sack“ Ziegler.
Das Kontrastprogramm zu solch organischer Akustik liefert die Osloer Ein-Mann-Band Dokkemand mit ihrem fulminanten Debütalbum Høns (Other Electricities). Bollernde Arcade-Hymnen und 8-Bit-Balladen geben sich die Klinke in die Hand, dazwischen immer wieder eingängige Tracks mit Vocals von unter anderem Alison Shaw (Cranes) – die Mischung stimmt und macht Laune. Wer es gerne düster mag, wird Information Warfare (AI/SRD) von Eoc lieben: krachiger, manisch geschraubter Trakker-popM aus dem japanischen Kioto.
Einer komplett anderen Zeitachse entstammt Recordings 1969 – 1988 (Faitiche), das posthum veröffentlichte Best-of der Synthesizer-Pionierin Ursula Bogner. Munter groovende Moog- und Arp-Odyssey-Oszillatoren knüpfen Bande zwischen Space Age, Der Plan und Mika Vainio. Dies ist die erste Veröffentlichung auf Jan Jelineks eigens gegründetem Label Faitiche, und sie hat das Zeug, ein Klassiker zu werden. Freunden von Ambient und subtilen, leicht angeglitchten Drones seien abschließend zwei wundervolle Platten ans Herz gelegt: The Happy Error (Baskaru/A-Musik), das Debüt von Michael Santos, und Ezekiel Honigs Surfaces Of A Broken Marching Band (Anticipate/Kompakt).

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