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Christian Naujoks

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Bei den fein gedressten Herrschaften von Dial wundert einen ja schon lange nichts mehr. Mit konzeptueller Kunstproduktion aller Art bestens vertraut, ging hier von Anfang an weit mehr vonstatten als nur die tiefgründige Verdeutschung des Motorcity-Prinzips. Dial ist ein Houselabel, das sich als solches schon immer einer festen Form entzog, indem immer dann, wenn man gerade geneigt war, ein Bezugsfeld abzustecken, wieder eine Platte kam, welche die Grenzen relativierte. This Bliss war vielleicht so eine. Der letzte Longplayer von Dominique auf jeden Fall. Und auch diese 13 Tracks von Christian Naujoks wissen von Geschichten zu erzählen, die man nicht unbedingt hier zu finden geglaubt hätte.
Die Cluster eines tastenden Klaviers, der flockige drive des Marimbaphons, im Raum verwehte Streicher – allesamt Bruchstücke, oft nur wenig länger als eine Minute, die scheinbar aus dem Koncontent:encoded gerissen und nun neu in Bezug zu setzen sind (wie die bepopen in der Mitte des Albums platzierten Epiloge). Man ahnt es schon: Auf die vereinfachende Geborgenheit einer dann doch alles strukturierenden Bassdrum braucht man bei dieser LP gar nicht erst zu warten. So ergibt sich bei einer Erwartungshaltung, die dieses Album zumindest im weitesten Sinne im Bezugsfelde Pop unterzubringen gedachte, erst mal der Eindruck ungewöhnlicher Klänge und ungewöhnlicher Konstellationen, die es zu strukturieren gilt. Postmoderne hin oder her, Ordnung muss sein. Also: offene Form, Neue Musik, Henry Cowell, Lou Harrison, John Cage, hallo Avantgarde. Überall dort ging es ja gerade darum, allgemein anerkannte Hörkonventionen zu hinterfragen, indem man sich direkt der Hardware des Instrumentariums annahm. Der Klang von Material oder die Materialität des Klangs und schließlich natürlich die Frage, warum ein Klavier eigentlich immer gleich klingen muss.
So scheint auch der Neue im Kreise der Dial-Bohemiens tatsächlich jeden Klang auf seinen Eigenwert hin zu prüfen, zu forschen, so als sei hier jeder schwingende Körper ganz bewusst in ein Verhältnis zum ihm umgebenden Raum gesetzt. Dann, wie aus dem Nichts, dieses magische, unglaublich fragile Cover von New Orders „Leave Me Alone“. Also doch Pop! Synthesizer. Ein Acapella-Intermezzo. Und wieder dieses suchende Klavier, das Melodien brechend, Bruchstücke streuend, sein eigenes Verklingen erwartet. Doch trotz des Konzeptkunst-Stempels erscheint die Rezeption alles andere als schwierig oder zäh. Vielmehr bewirkt die ungehauene Form roher Schönheit einen weitaus direkteren Zugang, als bei den ach so vielen Versuchen sonst, diese Nähe zu inszenieren. In diesem Sinne scheint es also nicht unbedingt um die Neuverortung innerhalb eines neuen ästhetischen Felds zu gehen. Im Gegenteil: Die einzelnen Elemente kreisen wie Splitter in der Stratosphäre des Dial’schen Klangkosmos und verweisen auf ein ganzes Universum von Möglichkeiten, die noch längst nicht ausgeschöpft sind. Tobias Staab

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