Oliver Ho war einer der großen Innovatoren des britischen Techno der neunziger Jahre. Seine schnellen, hämmernden Grooves entwickeln eine brutale Direktheit, die Nüchternheit und Härte seiner zahllosen Produktionen raubt einem den Atem. 2006 orientierte er sich radikal neu. Das gigantische Archiv von Tonbandstimmen des Stimmforschers Konstantin Raudive inspirierte ihn, sich mit dem Klang der menschlichen Stimme auseinanderzusetzen. Gleichzeitig wurde das Drumming langsamer und sanfter. In einer Serie von 14 Maxis setzte er monotone Grooves in ein immer wieder neues Verhältnis zu intimen, irritierenden Stimmen. Schon dort war spürbar, dass dieser Ansatz einen Klangraum aufmacht, der über die Dauer von zwei oder drei Clubtracks hinausreicht. Die verstörende Spannung der Maxitracks wäre aber auf Albumlänge kaum zu ertragen gewesen. So ist das Raudive-Debütalbum Chamber Music offener und freier, der Londoner Musiker erkundet ein viel größeres Spektrum an Grooves, lässt den Klangfiguren mehr Zeit, sich zu entwickeln. Weniger schroff und unmittelbar sind diese ausgebeinten Stücke aber nicht. Sie strecken dem Hörer keine Hand entgegen – gerade deshalb kann man sich ihnen nicht verweigern. Gegen diese Tracks wirkt viele aktuelle elektronische Musik gefällig, anbiedernd, umständlich und verkünstelt.