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Schlimmer kann’s nicht werden, dachten wir im Dezember letzten Jahres und seufzten erleichtert auf, als 2015 sein Ende nahm. Die Ernüchterung kam nach nur wenigen Tagen, die Katastrophen folgten im Wochentakt. Jetzt stehen wir also wieder da, könnten resigniert mit den Schultern zucken und uns einreden, dass 2017 schon besser wird. Noch dringender aus den letzten Monaten mitnehmen können und sollten wir aber wohl, dass wir es alle besser machen sollten. Am besten gemeinsam. Die Groove-AutorInnen haben sich in diesem Jahr in ihren persönlichen Rückblicken vorwiegend auf die Highlights des bald endenden Jahres konzentriert und ihre Alben, Tracks, Instagram-Cats und Partyvermeidungsstrategien aufgelistet. Versuchen wir das mal nicht als “immerhin das” zu verstehen, sondern als Aufforderung für die Zukunft: Mehr bessere Musik, mehr Gemeinschaft, kurzum mehr von dem, was unserer Szene als Wertekomplex zugrunde liegt, auch wenn selbst das im Jahr 2016 manchmal kaum zu sehen war. Es bleibt also auch 2017 an uns, es besser zu machen – unbedingt.
19. Tim Caspar Boehme
Top 10 Alben
01. Anohni – Hopelessness (4AD)
02. Shackleton & Ernesto Tomasini – Devotional Songs (Honest Jon’s)
03. Danny Brown – Atrocity Exhibition (Warp)
04. Katie Gately – Color (Tri Angle)
05. Andrew Pekler – Tristes Tropiques (Faitiche)
06. Stéphane Laporte – Fourrure Sounds Vol. 2 (Antinote)
07. Cassy – Donna (Aus Music)
08. Moscoman – A Shot in the Light (ESP Institute)
09. Hieroglyphic Being – The Disco’s of Imhotep (Technicolour)
10. Carla dal Forno – You Know What It’s Like (Blackest Ever Black)
18. Christin Bolte
Lucy & Rrose – The Lotus Eaters (Stroboscopic Artefacts)
Grandioser Erwachsenentechno. Erstklassige Dramaturgie, Produktion und Handwerk. Perfekte Atmosphäre.
Ziúr – Deeform (Objects Limited)
Aus dem Berliner Nachtleben bekannt, haben Fans ewig auf ein djfähiges Schallplattenrelease gewartet. Knaller.
Pyur – Epoch Sinus (Hotflush)
Nicht so ganz meine Musik aber einfach perfekt produziert und göttlich gemastert. Wünsche mir 2017 mehr von dieser Soundqalität.
Mykki Blanco – Mykki (!K7)
Tollste Künstler_in und bestes Video 2016. Auch das neue, gesperrte.
Mya Gomez – Ex-Narcisst (NON)
Meine liebste EP und Track des Jahres.
Photek – Modus Operandi (Science)
Re-Release des Jahres für mich. Damals bis heute eine Offenbarung, wobei mir für den Dancefloor die clubbigeren Sachen, also die Singles auf Metalheadz und co. auch sehr gefallen. Auf Modus Operandi ist für mich Minotaur der Killer.
Autechre – Incunabula / Amber / Tri Repetae (Warp)
Re-Release Nummer zwei. Zweitbestes Re-Release des Jahres aus ebendiesen Gründen.
Anohni – Hopelessness (Secretly Canadian)
Gänsehaut-Komposition und beste politische Lyrik, auch wenn die weiteren Songs auf dem Album musikalisch so naja sind, die Texte und die Videos sind die Kunst.
Princess Nokia – 1992 (DIY)
Bestes Album für Herz und Booty.
Σ – Schleifen (Σ)
Verbindung von elektroakustischer Soundästhetik, Techno, Footwork und Drone. Extra für mich gemacht. Firstclass Album von tollen Menschen.
17. Christoph Braun
Top 10 Physical Tracks
01. Kablam – Choking
02. Soft Grid – Herzog On A Bus
03. Virginia – Follow Me
04. Itoa – Nobody
https://itoa.bandcamp.com/track/nobody
05. Mickey Oliver feat. Shanna Jae – Never Let Go (Air Max ’97 RMX)
06. DJ Rashad and Gant-Man – Get Fuk’d Up
07. Daniela La Luz – Dare To Change
https://www.youtube.com/watch?v=nPLXQgUfIDg
08. Kuedo – Breaking The Surface
https://www.youtube.com/watch?v=5RxH58Vi5L8
09. Etch – Untitled Hardcore
10. Inkke – Sorry
16. Stefan Dietze
Ein gutes Jahr nicht nur für Musik, sondern auch für Bücher: Meine Top-10 besteht mit zwei Ausnahmen aus 2016er-Titeln, wobei aber auch diese in 2016 nichts an Relevanz eingebüßt haben.
01. Hanya Yanagihara – A Little Life (2016)
02. Jarett Kobek – I Hate The Internet (2016)
03. Paul Beatty – The Sellout (2016)
04. Douglas Rushkoff – Throwing Rocks At The Google Bus – How Growth Became The Enemy Of Prosperity (2016)
05. Tony Tulathimutte – Private Citizens (2016)
06. Michael Lüders – Wer den Wind sät (2015)
07. Jonathan Franzen – Purity (2016)
08. Mosin Hamid – The Reluctant Fundamentalist (2008)
09. Robert Cialdini – Presuasion (2016)
10. Nathan Hill – The Nix (2016)
15. Frank P. Eckert
Einzelstücke zwischen Song und Track
01. Melanie De Biasio – Blackened Cities (Blackened Cities, PIAS)
Überepisch endlose, und mit kaum 25 Minuten viel zu kurze Jazz/Postrock-Ballade. Will Alles. Kann Alles.
02. Blood Orange – Can You See My Skin Through The Flames (Freetown Sound, Domino)
Der digitale Bonustrack des 2016er Albums des einzig legitimen Prince-Erben. Dieses kurze und wunderschöne Stück hat mehr über die USA und ihre Bewohner zu sagen als ein ganzes Jahr “Wohin driftet Amerika” Debatten.
03. Katie Gately – Rive (Color, Tri Angle)
Bindestrichsounds galore: Soundart-Avantgarde, Hyper-Pop und defekte Kirmes-Scooter.
04. Ian William Craig – Contain (Astoria Version) (Centres, 130701)
Schmerzhaft reine Blütenschönheit im Zustand ihres akuten Verwelkens.
05. Abra – Come 4 Me (Princess, True Panther Sound)
Die Essenz von allem was gut ist. Ohne Vergangenheit, ohne Zukunftsscherereien.
06. Justus Köhncke feat. Gina V. D’Orio – Ein Riss in meiner Nüchternheit (An Alle, Martin Hossbach)
Astor Piazzolla via Grace Jones nach Tanita Tikaram in die Köhncke-Disco gemorpht: der persistenteste Mainstreampophit. Ever.
07. Nite Jewel – Nothing But Scenery (Liquid Cool, Gloriette)
Back To The Future Teil II. Niemand hat das verlorene Jahrzehnt der Jugend aller Lebensalter schöner zu neuem Leben erweckt.
08. DJ Fett Burger – No-No 4 (No-No 4, Club No-No)
Vogelbeobachtung im Conga-Nebel. House Music als Ambient und umgekehrt.
09. SKY H1 – Air (Motion, Codes/PAN)
So könnte, sollte, ja müsste Electronica mal werden. Genau so.
10. Cavern Of Anti-Matter – Hi-Hats Bring The Hiss (Hieroglyphic Being Remix) (Void Versions, Duophonic Ultra High)
Jamal Moss zieht seinen LoFi-Crunchhouse-Stiefel gnadenlos durch. Das ist nie falsch oder schlecht aber selten so folgerichtig wie hier.
11. Ytamo – Autopoiesis (MI WO, Someone Good)
Melancholische Electronica, J-Pop-Euphorie und freakfolkige Hippieextase als alchemische Experimentierstube.
12. REKchampa – Unitled (All I Have) (PPU 071, Peoples Potential Unlimited)
Deep House. Deeper als bei REKchampa wurde es 2016 nicht.
13. Lafawndah – Tan (Tan, Warp)
Auf der richtigen Seite von zickig hängengeblieben. Zukunfts-R&B ohne „Guter Geschmack“ Dogmen.
14. tape_hiss – The Panic In Needle Park (Love Is A Dog From Hell, Love Notes)
House, ohne Suffix, Präfix oder sonstige Ornamente – und ein guter, weithin vergessener Film.
15. Bartosz Kruczyński – Baltic Beat (Baltic Beat, Growing Bin)
Zwanzig Minuten konzentrierte Frühsommerwärme. Just Like Honey.
16. The Field – Monte Verita (The Follower, Kompakt)
Dieses Sample, oft genug wiederholt, kann vermutlich Demenz im Endstadium heilen.
14. Marco Heinzmann
Top 10 Singles
01. Lemme Kno – UNTHANK 9 (Unthank)
https://youtu.be/r-Jf7QBULnk
02. ZULI – Bionic Ahmed EP (UIQ)
03. Micachu – Taz And May Vids (DDS)
04. Diverse – Secret Rave 02 (Art-Aud)
05. Futers – U Get Me (777)
https://youtu.be/AZC7a8llapo
06. The Maghreban – Lose It (Black Acre)
07. Filter Dread – Data Bass EP (Fresh 86)
08. Leibniz – Shtum 011 (Shtum)
09. J-Zbel – Hyena Sticks Head In Elephant’s Butt (Brothers From Different Mothers)
10. DJ Slyngshot – Ain’t Got No Time (Place No Blame)
13. Felix Hüther
Hätte man mich vor einigen Jahren nach Trance gefragt, hätte ich wohl geschmunzelt. Unvorstellbar war der Gedanke, dass aus diesem Schmuddelgenre durchaus einiges an spannender Musik hervorgegangen war. Bei der näheren Auseinandersetzung ist das Abstecken der Genregrenzen kein einfaches Unterfangen. Wird auf Innervisions Trance veröffentlicht? Ist DJ Metatrons “State of Me”, oder “Mutter” von Konstantin Sibold Trance oder doch das, was Tale Of Us machen? Kann die dick aufgetragene Emotionalität in Sotofetts “Current 82 (12″ Mix)” schon Trance sein?
Nicht wenige Künstler haben dieses Jahr in diversen Kontexten alte Trance-Scheiben ausgegraben – Nina Kraviz, Marcel Dettmann oder Eats Everything etwa. Näheres dazu im Heft.
In Anbetracht der Auseinandersetzung mit dem Thema hier also ein paar trancige Platten, die nicht nur für mich, sondern hoffentlich auch allgemein dazu anregen, mit Vorurteilen aufzuräumen. Der Blick über den Tellerrand fördert fast immer etwas aufregendes zu Tage. Man muss nur richtig danach suchen.
Goa Experience – Vol. 2
M.F.A. – Music For Assholes
Brown Hardware Inc. – Sfhere
https://youtu.be/tkeTXztLHt8
Diverse – Mind EXpansions
Planet Love – Magic
https://youtu.be/Vu0tFTwGrqU
Alternate States – The Trance EP
It’s Thinking – Afterglow
Kumulus – Cloud Chaser
Adham Shaikh – Nomad
The Black Sun – Novez
12. Michael Leuffen
Ein paar bemerkenswerte Archivveröffentlichungen unter vielen:
Lena Platonos – Sun Masks (Dark Entries)
Surreale griechische Poesie, die auch mal kritisch die verbraucherorientierte Entfremdung im bürgerlichen Lebensstil der 1980er Jahre hinterfragt, trifft auf experimentelle Synthlines und Maschinengrooves. Eingespielt am Yamaha C 60 und der Roland TR 808.
Alain Neffe – An Introduction Into The Insane World Of Alain Neffe (STROOM 〰)
Ankettender Sampler mit Werken des belgischen New Wave, Minimal Synth und DIY Pioniers Alain Neffe, Betreiber des legendären Experimental-Tape-Labels Insane Music. Kalte Grooves, sehnsüchtiger Gesang und melancholische Melodien, psychedelisch, hypnotisch und repetitiv.
Becker – Stegmann – Zeumer – Ich Träume So Leise Von Dir (Music From Memory)
Leidenschaftlicher, leicht elektrisierter Poetry-Jazz aus Wuppertal aus dem Jahr 1987. Die Sängerin Isabel Zeumer rezitiert elegant, kühl und erotisch Gedichte von Else Lasker-Schüler. Dazu Maschinen-Funk oder Ambient-Jazz, der sich packend an ihre Stimme klammert.
Manuel Göttsching – E2-E4 (MG.Art)
Einst spontan, am 12. Dezember 1981 in einer wie Manuel Göttsching es beschreibt „concert mood“ in Berlin eingespielt. Klassiker. Aber warum? Klar: er nimmt Detroit Techno vorweg. Er verabschiedet den elektronischen Kitsch der 1970er. Doch was wirklich an ihm fasziniert, kann nur gehört werden.
Diverse – Root Hog Or Die: 100 Songs, 100 Years, An Alan Lomax Centennial Tribute (Mississsippi Records)
Fetter Schinken. 6-fach Vinyl. Plus Buch zum Leben des Musikethnologen Alan Lomax (1915 – 2002). Die Musik: Blues, Gospel, Knast-Soul, US-Folklore, spanische Bauernmusik, irische Lieder von den 1930ern bis in die 1960er. Alles ungeschminkt und wundersam menschlich.
Diverse – Sky Girl (Efficient Space)
Feinfühlig zusammengestellte Kompilation mit ergreifenden Songs aus den Jahren 1961 bis 1991. Packender New Wave, transzendentaler Folk und Hippie-Blues von meist unbekannten DIY-Künstlern. Die Liner-Notes stammen von Ivan Smagghe und der bringt es auf den Punkt: „SKY GIRL is forever young and will ever fly above and beyond our earthly greed.“
Junjo – The Evil Curse Of The Vampire (Greensleeves Records)
Alle sechs in die Dub-Reggae-Geschichte eingegangenen Scientists-Alben wurden 2016 inklusive Instrumentals neu veröffentlicht. Nur stand wegen Rechtsstreit nicht mehr Scientist drauf. Was „Evil Curse“ speziell macht, ist der Tune „Plague Of Zombies“, aus dem Rockers Hifi einst genial für ihren Hit „Push Push“ zitierten.
Lifetones – For A Reason (Light In The Attic)
Charles Bullen, ehemaliger Gitarrist der Art-Rock Band This Heat, nahm 1983 zusammen mit dem Produzenten J. Samuel unter dem Alias Lifetones nur ein Album auf. Es heißt „For A Reason“. Es vereint Post-Punk und Reggae. Hat auch Balearic-Momente und ist große Hypnose in ausgetüftelter Musik mit viel Bauchgefühl.
Ihor Cymbrows’kyj – Come, Angel (Offen Music)
Vladimri Ivkovics’s junges Label Offen Music präsentiert eine Auswahl von drei Kompositionen aus dem 1995 aufgenommenen Tapealbum “Прийди Янголе” (Come Angel) von Ihor Cymbrows’kyj, erstmals veröffentlicht 1996 in Polen via Koka Records. Fesselnder Avantgarde Folk, Poetry-Pop und Neo-Klassik. Absolut außerweltlich!
11. Numinos
Die Top 5 Phrasen unseres Equipment-Testers (Numinos)
01. “Nördlich davon”
02. “Eierwollmilchsau”
03. “Auf der Frontplatte (finden sich)”
04. “Luxuriöses Platzangebot”
05. “Der praktische Nutzwert”
10. Cristina Plett
Top 5 Tracks
01. Samo DJ & Tzusing – Hollabackboi (Public Possession)
Produktionstechnisch mag es Komplexeres geben, aber einen krasseren Ohrwurm gab es dieses Jahr nicht. Und ehrlich gesagt, allein die Idee, den Beat von Gwen Stefanis „Hollabackgirl“ nachzubauen, ist ziemlich geil.
02. Autarkic – The Misorientation Of Autarkic (Disco Halal)
Ein Track, der sowohl musikalisch, als auch inhaltlich unglaublich fasziniert. Kryptische Vocals erzählen von einer Operation und meinen dabei Tel Aviv. Orientalisch klingende Percussion treibt den Track an – überlässt dann aber den Hauptteil den Synthies.
3. DJ Sotofett – Current 82 (12“ Mix) (Keys Of Life)
Sotofett hat viel veröffentlicht dieses Jahr, aber dies war der absolute Standout-Track, auf den sich auch noch viele einigen konnten (siehe Groove-Charts 09/10 2016). Der perfekte (Sommer-)Clubtrack, der die Magie einer Nacht einfängt.
04. Raär – Sometimes I Hear Sirens (House Plants)
Eigentlich ist der Track schon 2015 erschienen. Da die Releases im Dezember bei den Jahresendlisten aber leider immer unter den Tisch fallen, sei er hier berücksichtigt. Dank Job Jobses Groove-Mix fiel der Track dann auch beim breiteren Publikum nicht unter den Tisch.
05. Shanti Celeste – Lights (Tresor)
Mit weniger als „wunderschön“ ist „Lights“ einfach nicht zu beschreiben. Auf einem Breakbeat breitet sich Licht tatsächlich in klanglicher Form aus: Es funkelt, es scheint, leuchtet und flirrt. Wunderschön.
9. Jan Rödger
Top 6 2nd-Hand-Fundstücke 2016
Mory Kanté – Yé Ké Yé Ké (Barclay, 1987)
Immer wieder erstaunlich: Man hört einen Track zum ersten Mal, versucht ihn zeitlich einzuordnen und ist beim Blick ins Kleingedruckte doch sehr überrascht. Dieser Track muss 1987 sehr futuristisch gewesen sein. Klingt heute immer noch frisch. Gefunden im Superior Elevation Records, 2,50 Euro.
Reese – You’re Mine (Yeah Boy Mix) (KMS, 1989)
Während mit Deep Rave gerade eine neue Sau durch den Club getrieben wird, zeigt dieser Track von Kevin Saunderson auch heute noch allen anderen wo das Ravepiano steht. Berliner Flohmarktfund. 1 Euro.
RAH Band – The Crunch & Beyond (RCA Victor, 1978)
Das war ein Coverkauf. „Electric Fling“ ist mein Lieblingstrack von der Platte, passt super zu Italo Disco oder ins Warm-Up-Set. Flohmarkt Berlin, 3 Euro.
DJ Sandrinho – Baile Funk Masters #1 (Man Recordings, 2007)
Die Platte habe ich wegen „Berimbau“ gekauft, wo Electro auf Booty Shake trifft. Bei einer Länge von etwas 2 Minuten muss man allerdings sehr schnell mixen. Wer beim back-to-back seinen DJ-Partner in Verlegenheit bringen will, haut diese Platte rauf und sagt großzügig „Du bist dran“. Discogs, 3 Euro.
Junior Vasquez – If Madonna Calls (Groovilicious, 1996)
Künstler-Beef auf Platte: Junior Vasquez haute diesen Track raus, nachdem Madonna ihren Auftritt auf seiner Party extrem kurzfristig absagte. Der Track schaffte es auf Platz 2 der amerikanischen Dance Charts. Wer Mut hat, droppt danach „Like A Prayer“ und schaut was passiert. Record Loft, 2 Euro.
Alaska / Paradox – Rare Earth / I Get A Kick Back (Offshore Recordings, 2002)
Ich war schon immer ein großer Fan von Paradox, diese Scheibe zeigt beidseitig warum. Einmal Stolper-D’n’B in experimenteller Perfektion und einmal Gänsehaut-Flächen. Paradox hat den Funk. Definitiv. Discogs, 8 Euro.
8. Elke Schlögl
Drei Strategien zur Party-Vermeidung
2016 war mein Jahr des Abgrenzens: Eine Masterarbeit war zu schreiben, Ablenkung möglichst zu meiden, Feiern drastisch zu reduzieren. Für alle die Ähnliches planen, hier drei Anti-Rave-Strategien in chronologischer Reihenfolge.
Eingrenzen
Partys sind O.K., solange sie nicht ausarten. Du hältst deinen Sozialkontakt aufrecht und bist montags trotzdem am Start. Top! Allerdings eignet sich diese Light-Variante nur für Personen mit enormer Selbstbeherrschung. Alle anderen tun gut daran, direkt zur nächsten Strategie überzugehen.
Abgrenzen
„Nur für ein paar Stunden“ mutiert zur Farce? Dann ist es an der Zeit, „Nein“ zu sagen. Jetzt fallen dir vermutlich zwei Dinge auf. Erstens: Deine Freunde feiern wirklich verdammt oft. Zweitens: Nein sagen ist wirklich verdammt hart.
Abschotten
Du hast es satt, ständig allen abzusagen und immer mit der gleichen Entschuldigung zu kommen? Dann hilft leider nur noch die totale Abschottung. Am besten versteckst du dich in einer Bibliothek deiner Wahl mit schlechtem W-LAN und noch schlechterem Handyempfang. Dort suchst du dir dann neue Gefährten, bei denen um 07:00 Uhr auch der Wecker und nicht die After-Hour klingelt.
Doch auch die längste Phase der Askese nimmt einmal ihr Ende. Dein Feier-Fasten beschert dir schließlich Glückseligkeit längst vergessener Güte und dein altes Leben nimmt dich freudestrahlend in Empfang.
7. Gianina Selejan
Die beste Unterhaltung des Jahres hat für mich die Realityshow Drag Rage All Stars 2 geliefert. Absolut glänzend besetzt mit den beliebtesten Queens vergangener Staffel, hat die All Stars 2 alle Erwartungen erfüllt: super polished Drag, extreme Outfits, spektakuläre Lip Sync Battles und natürlich jede Menge Drama. Das sind die 5 besten Queens 2016 und ihre „Jawdrop“ – Momente:
Tatianna – die Überraschung. Vorher belächelt, ihre Spoken Word Performance „Same Parts“ (inzwischen als Single erhältlich) hat alle in Schockstarre versetzt.
Alaska Thunderfuck – die Gewinnerin. Die Schlagzeile „Alaska Meltdown“ hatte nichts mit dem Klimawandel zu tun. Drama! Ab 2.35 Minuten.
https://www.youtube.com/watch?v=OXMxyeczfzo
Adore Delano – die Enttäuschung. Ein absoluter Publikumsliebling, hat nach der ersten Woche hingeworfen und alle dachte sich
Katya Zamolodchikova – die Königin der Herzen. Genial als Björk im Snatch Game.
Detox – die Entertainerin. Ihre Performance in der finalen Show war „one for the GODS“.
https://www.youtube.com/watch?v=OOL1e5qeDyE
Bonus:
Alyssa Edwards & Tatianna im Lip Synch Battle
6. Florian Sievers
Vinyl 2016
01. Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force – Yermande
02. Diverse – Gqom Oh! The Sound Of Durban Vol. 1
03. Alpha 606 – Afro Cuban Electronics
04. Diverse – Space Echo – The Mystery Behind the Cosmic Sound of Cabo Verde Finally Revealed
05. DJ Katapila – Trotro
06. Gonjasufi – Callus
07. Acid Arab – Musique De France
08. Diverse – Soul Sok Séga
09. DJ Khalab / Baba Sissoko – Khalab & Baba LP
10. Unbekannt – Fuji (Africa Is Not A Country Vol. 1)
11. Blood Orange – Freetown Sound
12. Jacob Mafuleni & Gary Gritness – Atuka Mhondoro 808
13. Frank Ocean – Blonde
14. Tsege Mariam Gebru – Spielt Eigene Kompositionen
15. Pasteur Lappé – African Funk Experimentals 1979-1981
5. Sascha Uhlig
10 Tracks, die 2016 ein bisschen erträglicher machten
01. STL – Musika
02. Midland – Final Credits
03. Jay Daniel – Paradise Valley
https://youtu.be/jVb4COH9LMo
04. House Of Dad – Hard Working Man
05. Blue Heron – Paul’s Blues
06. Pablo Project – Dustman
https://youtu.be/M5ednJ5nOfY
07. Luis – HV’s Sequence
08. Christian Naujoks – Corralito
09. Music People – Always On
10. Futers – Mackin’
4. Alexis Waltz
Top 5 Instagram Cats 2016
bambam.thecat
rina_takei
fuzzystinky
alexinimiezini
ponchan918
https://instagram.com/p/BMQVsttgamK/
3. Philipp Weichenrieder
Vier Schnappschüsse von 2016 zu elektronischer Musik
Gratis-Krise: Jam City-Mixtape Trouble
Das Album Dream a Garden von Jam City hat 2015 eine beeindruckende Verschränkung von basslastiger Clubmusik und träumerischen Pop-Hooks präsentiert. Dieses Jahr gab’s das Trouble-Mixtape zum freien Download, das in die gleiche Kerbe schlägt und ein Geschenk mit hoffnungsvoller Botschaft ist: Love is resistance.
Solidarität: Black Lives Matter
“Distance justifies no detachment, no silence.” Mit diesen Worten endete ein Post des Labels Sound Pellegrino aus Paris als Reaktion auf anhaltende, tödliche Polizeigewalt in den USA im Sommer 2016. Die Betreiber taten damit das, was Theo Parrish fehlte. Der House-Produzent drückte auf Facebook seine Enttäuschung darüber aus, dass es so wenig Stimmen aus der Clubmusikszene gab, die sich gegen die anhaltende Diskriminierung von Schwarzen Menschen aussprachen. Sein Ende: “Escapism has always been an adjective used to describe the dance. That’s an outsider’s view. Solidarity is what it really offers…”
Hypnotisch: Gqom
Gqom ist nach einigen Jahren, in denen sich der Stil zwischen Breakbeat und House in der südafrikanischen Küstenstadt Durban entwickelt hat, 2016 in Europa angekommen. Tolle Compilations auf Gqom Oh!, EPs auf Goon Club Allstars und das Video Woza Taxi brachten auch in Deutschland Aufmerksamkeit – und DJ Lag einen Slot in der Panorama Bar.
Radio: Angel Food
Die Journalistin Aimee Cliff und die Produzentin E.M.M.A. geben seit 2015 in ihrer gemeinsamen Radiosendnung Angel Food (erst auf Radar Radio, inzwischen auf NTS) vor allem Produzentinnen eine Plattform. In diesem Jahr waren unter anderem Dis Fig, Mobilegirl oder DJ Haram zu Gast.
2. Dieter Wiene
Top 11 Alben (und ein Buch (und eine Ausstellung))
01. David Bowie – Blackstar (Sony)
Nach mehr als 3 Jahrzehnten Durststrecke veröffentlicht David Bowie das reife, offene Alterswerk, von dem man immer ahnte, das es in ihm stecken würde, um ein paar Tage später von uns zu gehen. Was für ein Schocker.
02. Simon Reynolds – Shock & Awe & Kunstmuseum Wolfsburg This Was Tomorrow – Pop Art in Great Britain
Ebenso lang erwartet: eine umfassende Geschichte des Glam-Rock und seiner Auswirkungen auf Pop und Politik und eine massive Retrospektive britischer Pop-Art. Beides trägt zum besseren Verständnis nicht nur der Figur Bowie bei.
03. Beyoncé – Lemonade & Solange – A Seat at the Table (beide Sony)
Auf ihre je eigenen Weisen – Queen Bey mit all ihrer Pick & Mix-Grandezza, Solange zurückhaltend, mit Raphael Saadiq den Neo-Soul-Weg gehend – verknüpfen die Knowles-Schwestern das Persönliche mit dem Politischen: „the most endangered spezies in the world is the black woman“.
04. Noura Mint Seymali – Arbina (Glitterbeat)
Auf ihrem zweiten Album klingt der Wüstenrock-Groove der mauretanischen Sängerin noch zwingender als auf dem Debut.
05. Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force – Yermande (Ndagga)
Der Dubmeister kreiert einen mbalax-Sound für die Zukunft.
06. Kuedo – Slow Knife (Planet Mu) & Pye Corner Audio – Stasis (Ghost Box)
Der Soundtrack zu dem Horror, der uns umgibt: Festung Europa, Rechtspopulismus, asymetrische Kriege, die Rückkehr der Diktatoren in Europa, Trump.
07. Roy Montgomery – RMHQ (Grapefruit)
Das Solo-Gitarren-Comeback zum Verarbeiten des Horrors: Montgomery hat darauf den Schock des Erdbebens in seiner Heimat Neuseeland verarbeitet. Eignet sich aber auch zum Verarbeiten all der anderen Schocks: 4 CDs/LPs, je eine für Trauer, Wut, Integration, Gelassenheit.
08. Oren Ambarchi – Hubris (Editions Mego)
Noch eine Art Comeback: Arto Lindsays autodidaktische Schredder-Gitarre erhebt nach Jahren der Raffinesse mal wieder ihr Haupt – und das zu Ricardo Villalobos magischen Serpentinen-Beats. Und das ist nur eine der Sensationen auf diesem wundervollen Album.
09. Andy Stott – Too Many Voices (Modern Love)
Abstrakter denn je, traumhafter denn je.
10. Träd. Gras Och Stenar – ~
Reissue des Jahres: 3-fach Live-CD der schwedische Psych-Rock-Legende: das feinste Gitarrengegniedel diesseits von Neil Young & Crazy Horse.
1. Gregor Wildermann
Movie: Arrival (Regie: Denis Villeneuve)
Stream: DJ Storm Boiler-Room-Set
TV-Serie: Westworld (HBO/Sky)
Mobile Game: Pokémon Go (Niantic)
Console Game: The Last Guardian (Sony PlayStation 4)
Graphics: Mike Mitchell-Portrait-Serie
Toy: K2-SO / Big Figure (Jakks Pacific)
Sneaker: Nike Presto & Acronym „Hot Lava“ (Nike)
Gear: PlayStation VR (Sony)
App: Magnus Trainer (Play Magnus AS)