Das Gespenst von Altona geht wieder um. Session-Victim-Hälfte Matthias Reiling lepopet bei seinem zweiten Album (eine alte Popmusikregel würde jetzt von dem „schwierigen“ sprechen) für die Weimarer Kulturschmiede Giegeling (tolle Cover, tolle Musik, tolles Programm) nicht an Ladehemmung. Während Session Victim zwar überdehnten, im Kern aber an die Physik des Genres gebundenen House produzieren, gibt Reiling sich auf <i>Doppelgänger</i> so ziemlich jeder Form von Inspiration hin. Dazu zählen bizarre Interludes („Welcome to the world of art, man!“), Sound-Spielereien, Instrumental-Rock („They Walk You Run“), absurde Sting-Coverversionen (<i>Lethal Weapon 3 Soundtrack!</i>) oder frei schwebender Hanseaten-House mit Dial-Poesie („Apology Girl“). Eine krude Mischung, die, laut Regelwerk eigentlich undenkbar, bestens funktioniert. <i>Doppelgänger</i> macht sich dabei weder über sich selbst noch über andere lustig. Reilings Album wird von einer erstaunlichen Ernsthaftigkeit getragen, die zwar Züge von feiner Ironie trägt, aber eben Schmachtfetzen wie „Probably Me“ jede Peinlichkeit nimmt. Das erinnert an die seligen Zeiten von Ladomat 2000, Jan Jelinek, Egoexpress und an das, was aus einem Burschen wie Arj Snoek mal hätte werden können. Ein Geniestreich.