Schön, dass es Musik noch immer gelingt, zu überraschen. Portishead hatten mit ihrem 1994 erschienen Debüt Dummy eine stilistische Mischung abgeliefert, die so gelungen und popiosynkratisch war, dass sie nicht nur etliche Nachahmer auf den Plan rief, sondern die Band selbst schließlich in eine Schaffenskrise trieb. Fast zehn Jahre lang hatten Beth Gibbons, Geoff Barrow und Adrian Utley vergeblich versucht, eine Richtung zu finden, die über ihre Kombination von verlangsamten Breakbeats, Film-Noir-Zitaten und Torch-Gesang hinausging. Das ist ihnen jetzt gelungen. Denn mit Third, dem dritten Studioalbum, melden sich Portishead jetzt mit Wucht zurück. Bis auf einen Song verzichtet das Trio dabei gänzlich auf geloopte Rhythmen und Samples, statt Blues, HipHop und Soundtracks bilden Doom-Metal und Krautrock den Referenzrahmen. Einzig Beth Gibbons’ unverändert melancholischer Gesang erinnert bei vielen der Songs noch an ihre früheren Arbeiten. Besonders zwei Stücke begeistern. „The Rip“ beginnt wie ein einfacher Folksong, bis nach der Hälfte des Stücks eine Analogsynth-Melodie auf Beats trifft, die auf den kürzlich verstorbenen Neu!-Schlagzeuger Klaus Dinger verweisen, während Gibbons Vokale auf fast eine halbe Minute ausdehnt. „We Carry On“ fängt hingegen mit einem hüpfenden Rhythmus an, der nicht unähnlich dem der aktuellen Villalobos-Single „Enfants“ ist, verstört dann aber mit düsteren Orgelkängen und Joy-Division-Gitarrenfetzen. Fraglich, ob die übrigen Pioniere des Bristol-Sounds, Massive Attack und Tricky, die für dieses Jahr ebenfalls neue Alben angekündigt haben, ebenfalls so überraschen können werden.