Wenn man so will, ist britische Bassmusik-Electronica eine Versinnbildlichung unserer gestrafften Zeit. Wie kaum eine andere Musik versteht sie es, komprimierte Emotion auszulösen. Ob verhuscht und unterdrückt, nervös und enervierend oder pointiert emotional, auf die schnelle Erfüllung gerichtet. Die zwei in Wolverhampton beheimateten, augenscheinlichen Emotions-Junkies von Letherette gehören letzterer Kategorie an. Ihr „Blad“ auf Brownswood, ihr Remix für Bibio, Emotion pur und komprimiert auf drei Minuten. Das elektronische Pendant zu Punk-Rock? Naja, eher nicht. Aber ins Unkenntliche gepitchte Vocals, Vinyl-only auf zwei sehr guten EPs (auf Ho Tep Records), die sowohl auf 33 oder 45 laufen könnten, und ein paar gute Fürsprecher, vornehmlich in Gestalt von Gilles Peterson. Und doch ist hier alles fern von Hype, weil auch das Album die hohen Erwartungen weitgehend einlöst. Zusammen mit George Fitzgerald, Mount Kimbie oder Pearson Sound gehören sie zu der neuen Generation britischer Tüftler, die nicht zuletzt die imaginären Spielkameraden von Joy Orbison oder James Blake auf Hogwarts waren und nun ihre konzentrierten Zauberkünste auf etablierten Elite-Internaten wie Ninja Tune oder Warp fortsetzen. Da können die Alten von den Jungen lernen und umgekehrt. Ein neuer Schulterschluss und gleichsam die „Generation Vinyl“.
Stream: Letherette – Letherette (Album Preview)