Die Else ist seit ein paar Monaten für die Sommersaison geöffnet. Mit dieser haben sich nun einige Dinge verändert, unter anderem hat der Berliner Open-Air-Club an der Treptower Elsenbrücke einen neuen Booker. Um die Entscheidungen, Ambitionen und Ziele von Michel Morales Villavicencio für die Else nachzuvollziehen, hat sich GROOVE-Autorin Kim Stuckmann mit ihm unterhalten.
GROOVE: Seit der Wiedereröffnung der Else im April ist ein wenig Zeit vergangen. Wie liefen die bisherigen Veranstaltungen?
Michel Morales Villavicencio: Wir sind ziemlich zufrieden, wie es bisher läuft. Im Vergleich zum Juni war der Mai definitiv besser wegen des Wetters, aber unsere überdachte Tanzfläche hat die Partystimmung immer gerettet.
Mit Time Passages, Permanent Vacation, SK_eleven, KHIDI, Teenage Dreams, BCCO oder Pornceptual arbeitest du mit vielen großen Marken der elektronischen Musik. Welche Veranstaltungen machst du alleine?
Die Antwort auf diese Frage ist etwas komplexer, weil einige der erwähnten Veranstaltungen wie Permanent Vacation, SK_eleven oder KHIDI von uns organisiert, aber in Zusammenarbeit mit den Marken kuratiert wurden. Ich arbeite gerne mit ihnen zusammen, weil das für beide Seiten vorteilhaft ist. Wir bieten den Raum, um ihre Künstler zu präsentieren, und im Gegenzug erhalten wir die konsistente musikalische Ausrichtung und die Atmosphäre, die wir unseren Gästen bieten möchten. Wir arbeiten aber auch mit „kleineren” Promotern wie LAYERS oder Codeword zusammen, um ihnen einen Raum zu bieten, in dem sie wachsen können.
Wer sich das diesjährige Programm der Else ansieht, merkt: Es gibt eine Mischung aus etablierten Acts und aufstrebenden Acts. Wie wichtig ist dir dieser Mix?
Das sollte in jeder Saison eine wichtige Überlegung sein. Die Generationen der Künstler:innen wechseln sich ab. Daher ist es wichtig, sowohl etablierten als auch neuen Künstler:innen offen gegenüberzustehen, um Brücken zwischen den Generationen der Partygänger:innen zu bauen. Das ist, was die Clubkultur am Leben erhalten wird. Dieser Aspekt der Vielfalt ist mir besonders wichtig, weil ich kontinuierlich beobachte, wie verschiedene Generationen, sowohl Künstler:innen als auch Publikum, voneinander lernen und sich inspirieren. Zum Beispiel bin ich früher oft wegen des Hauptacts zu Veranstaltungen gegangen, war aber am Ende von einem relativ unbekannten Künstler beeindruckt. Indem wir eine Mischung aus Altersgruppen und Erfahrungen zulassen, schaffen wir eine reichere, dynamischere Umgebung, die allen Beteiligten zugutekommt.
Stehst du im Austausch mit den Booking-Agenten der Renate? Und wenn ja, profitiert ihr beide davon?
Wir sind alle Teil einer Firma und teilen uns ein Büro. Natürlich ist es vorteilhaft, vom bestehenden Netzwerk und den Ressourcen als Teil eines großen Teams zu profitieren, aber letztendlich steht die Else auf eigenen Füßen – nicht nur klanglich.
Welches Publikum möchtest du mit den Bookings anziehen?
Eines, das musikalisch so bewusst ist, dass es erkennen kann, auf welcher Veranstaltung es sich befindet. Weil die Else eine einladende und sommerliche Open-Air-Location ist und unsere Öffnungszeiten von mittags bis früh am nächsten Morgen reichen, möchten wir auch Menschen anziehen, die aus verschiedenen Gründen nicht die ganze Nacht ausgehen können. Wir wollen trotzdem die Möglichkeit bieten, ein hochkarätiges Line-up zu hören, das sonst vielleicht später in der Nacht zu finden wäre, und so mehr Optionen für unsere Gäste bieten.
Hat die Else viele Stammgäste oder ist das Publikum vom Line-up abhängig?
Es ist etwas abhängig vom Line-up. Jedoch sehe ich viele vertraute Gesichter im Club, wenn die Musik einem bestimmten Geschmack entspricht. Daher würde ich sagen, dass wir definitiv eine Art Gemeinschaft und Stammgäste haben.
Wie würdest du das Konzept beschreiben, das hinter deinen Bookings steckt?
Die Leitidee ist Vielfalt. Ich denke, dass ein vielfältiges Programm unterschiedliche Menschen anzieht. Vielfalt bedeutet nicht, dass die Musikgenres aus völlig verschiedenen Welten stammen müssen. Ich finde es gut, drei unterschiedlich orientierte Partys am selben Wochenende zu haben. Das ist nicht nur finanziell vorteilhaft für den Club, sondern führt auch dazu, dass die Leute immer wieder zu uns zu kommen.
Was war deine Leitidee bei den Bookings in diesem Jahr?
Die Else bietet eine gute Balance zwischen Künstler:innen, die nicht jedes Wochenende in der Stadt spielen, wie Folamour oder Jennifer Cardini, und deckt dazu eine Vielzahl von Genres ab. Von House mit Todd Terje und Job Jobse bis hin zu schnelleren, trendigen Künstler:innen wie Héctor Oaks, Clara Cuvé oder SPFDJ. Diese musikalische Vielfalt ist in Berlin nicht so häufig.
Was möchtest du anders machen als vorherige Booker?
Ich möchte mich nicht mit anderen Bookern vergleichen, weil ich ihre Arbeit dafür als zu bedeutend empfinde. So ist die Else zu dem geworden ist, was sie heute ist. Aber ich möchte offen für interessante und frische Ideen sein. Natürlich ist das eine Frage des Geschmacks, weil manche unterschiedliche Ansätze dessen haben, was frisch und interessant ist.
Bevor du zur Else gekommen bist, hast du für Festivals in Polen das Programm gestaltet. Was gefällt dir am Job als Booker?
Bevor ich den Job hier übernahm, kümmerte ich mich um das Programm im Warschauer Club Smolna und auf dem Undercity Festival und kuratierte Line-ups fürs Praga Centrum, das Festival Summer Contrast und das FEST Festival, die alle von Follow The Step, einer Musikagentur aus Polen, organisiert wurden. Das Schönste an dieser Arbeit ist die Möglichkeit, mit Künstlern zu arbeiten, die ich mag. Außerdem kann ich ein wenig Einfluss darauf haben, was die Leute hören.
Mit welchen Herausforderungen bist du in dem Job konfrontiert?
Es gibt viele Herausforderungen, weil die Veranstaltungsbranche sehr unvorhersehbar sein kann. Zum Beispiel Last-Minute-Absagen von Künstler:innen und das sofortige Finden von Ersatz. Aber das Gefühl, die Arbeit richtig zu erledigen, besonders unter Zeitdruck, ist am lohnendsten.