Eine gute Nachricht zuerst: Während dieser Text entsteht, ist das von vielen so sehr herbeigesehnte erste Album von Levon Vincent tatsächlich noch zu regulären Preisen im ganz normalen Handel erhältlich – und das mehr als sechs Wochen nach dem Veröffentlichungstermin. Das heißt nicht, dass die vier Vinyls mit ihren individuell bedruckten Labels ein Schnäppchen wäre. Immerhin reden wir hier über Levon Vincent, also den Mann, der das Medium Vinyl zur Nachricht erklärte und der alleine deswegen von seinen Anhängern umso mehr geliebt wird. Doch der inzwischen in Berlin lebende New Yorker überraschte die Öffentlichkeit ein kleines bisschen und machte seine erste LP immerhin für 24 Stunden der Öffentlichkeit via WeTransfer-Link in digitaler Form frei zugänglich.
Neue Platten von Levon Vincent sind manchmal auch eine etwas prätentiöse Angelegenheit. Der US-Amerikaner ist ein recht ernsthafter Mensch, der seine Anliegen kompromisslos vertritt. Sein Debütalbum ist den hässlichen Entlein und Verlierern dieser Welt gewidmet, den Schwänen und Träumern. Es ist gegen all jene gerichtet, die für die Ellbogengesellschaft stehen, die sich im Hamsterrad des Kampfes um Einfluss und Macht abstrampeln und gegenseitig befehden. Diese Nachricht ließ Levon Vincent vorab verbreiten, und so kommt dieses eigentlich instrumentale Album zu einer Botschaft.
Musikalisch setzt die Musik das fort, was man von dem Wahl-Berliner in den letzten Jahren gewohnt war – nur sind die zwischen Dub Techno, Industrial-Klängen, lieblichem Quasi-Trance und völlig entkleideter, knöcherner House-Musik angesiedelten Tracks harscher und reduzierter in ihrem Sounddesign. Bester Track ist das grandiose, zunächst mit einer vibraphonhaften Melodie spielende und dann Abgründe eröffnende „Launch Ramp To Tha Sky“. Einen Ausfall gibt es allerdings mit dem überambitionierten und anstrengenden Industrial-Dub-Techno „Junkies On Hermann Strasse“ zu beklagen. Beeindruckend ist die klangliche Macht der elf Tracks, auf denen ganz leise Passagen immer wieder völlig unerwartet in sonische Wucht umschlagen. Industrial-Krach, düstere Streicher-Sounds und diese kleinen, für Levon Vincent typischen Melodien, die einem nicht mehr aus dem Ohr gehen wollen – beides zeichnet dieses Debüt aus. Ein gutes Technoalbum jenseits des standardisierten Alltags, das somit dem Hype gerecht wird.
Stream: Levon Vincent – Anti-Corporate Music