In einer besseren Welt würde jemand aufschreien: Der Jazz hat mal wieder einige seiner modernen Söhne verloren. 2008 war das Portico Quartet noch mit seinen Jazz-Minimal-Klassik-Elegien für den Mercury Prize nominiert – in einer Reihe mit Adele, Burial und Radiohead. Was die Briten damals einzigartig machte, haben sie jetzt aufgegeben: Sowohl das Steeldrum-ähnliche Hang-Instrument als auch der arme Kerl, der es spielte, sind weg. Der Rest will aber kein Trio sein, sondern einfach nur Portico. Die neuen Stimmen der Gastsänger wie Joe Newman von Alt-J und Jamie Wood sind nun das, was früher mal Saxophone übernommen haben. Die Single „101“ mit ihrer eindringlich-nachhaltigen Vocal-Melodie besänftigt dann auch schnell. Keine Frage, gerade Freunde vom melancholischen Jetztzeit-Soul-Irgendwas werden bei Portico sicherlich ihre Playlist-Picks finden. Wer sich jedoch dem Songformat hingibt, muss sich fortan daran messen lassen, ob sie mit dem Sound, an den sich Portico eindeutig orientieren, auch mithalten können. Die Ähnlichkeiten zu ihren britischen Kollegen von Young Turks sind offensichtlich. Sie wären sogar einerlei, wenn die neun Stücke sich nicht zu sehr im Einheitsbrei verlieren würden. Und manchmal wirkt die Ideenarmut auch noch halbfertig, was im alternativen R’n’B aber durchaus gewollt sein kann. Mieft irgendwie stark nach Anbiederung, immerhin hat das Trio seinen einzigartigen Klanggene durch eine Patchwork-DNA ersetzt. Kann man ihnen übel nehmen, oder ganz inkonsequent feststellen: Living Fields ist trotzdem irgendwie ein ganz okayes Album.
Stream: Portico feat. Joe Newman – 101