Text: Numinos
Erstmals erschienen in Groove 151 (November/Dezember 2015).
Waren viele Besucher auf der Musikmesse 2014 noch versucht zu glauben, der am Stand von Pioneer ausgestellte Plattenspieler im 1210er-Look sei ein Marketing-Gag, werden wir nun eines Besseren belehrt. Das war kein Mockup, um Aufmerksamkeit zu erheischen – nein, das war ernst gemeint: Pioneer haben mit dem PLX-1000 ab sofort ein DJ-Laufwerk im Programm, das plant, das Erbe des legendären Technics-Plattenspielers anzutreten.
Der König ist tot!
Vier Jahre ist es nun her, dass Technics – respektive Panasonic (die Dachfirma) – das Produktionsende des legendären 1210ers ankündigte. Dennoch brauchte es seine Zeit, bis die Tragweite dieser Entscheidung den Markt in vollem Umfang erreichte. Jetzt ist es so weit: Wer sich nach einem fabrikneuen „Emkazwo“ umschaut, wird feststellen, dass nur noch vereinzelt Exemplare aus Lagerbeständen verfügbar sind, die nicht selten zu Preisen im Bereich der Zweitausend-Euro-Marke angeboten werden. Was – Legende hin oder her – für einen Plattenspieler, der kurz vor der Jahrtausendwende noch für 798,- D-Mark (!), umgerechnet rund 400,- Euro, zu haben war, fraglos als überzogen bezeichnet werden kann. Pioneer hätte also keinen besseren Zeitpunkt wählen können, um ihren – als legitimen Nachfolger konzipierten – Turntable auf den Markt zu bringen.
Es lebe der König?
Nun ist es ja beileibe nicht so, dass wir es mit einem tatsächlichen Mangel an absolut DJ-tauglichen Plattenspielern zu tun hätten. Reloop, Numark und allen voran Stanton haben Geräte im Angebot, die in Bezug auf Features und Spezifikationen das Originaldesign (und auch den PLX-1000) um Längen schlagen. Kein Wunder, hat das Vorbild doch mittlerweile fast vierzig Jahre auf dem Buckel. Schon auf den ersten Blick wird klar, dass Pioneer mit ihrem Laufwerk wenig Anstalten machen, irgendwas daran zu ändern: Egal ob Start/Stop-Taster, Pitchfader oder Single-Puck-Mulde – alles sitzt genau dort, wo man es auch beim 1210er antrifft. Das fühlt sich in jedem Fall sehr vertraut an. Gut fühlt sich übrigens auch die gesamte Verarbeitung des PLX-1000 an, der noch mal zwei Kilo mehr Gewicht als sein Vorbild auf die Waage bringt.
Der offenkundigste Unterschied zeigt sich beim Blick auf den Pitch-Fader, denn Pioneer hat der Geschwindigkeitsregelung nicht nur eine Pitch-Reset-Taste spendiert, sondern auch einen zwischen +/-8, +/-16 und +/-50 Prozent umschaltbaren Aktionsradius. Der erweiterte Geschwindigkeitsbereich darf als gelungenes Zugeständnis an die Neuzeit verstanden werden – besonders dann, wenn man den PLX-1000 in Verbindung mit Steuer-Vinyl betreibt und die Umrechnung der Pitch-Werte im Rechner erfolgt, aber auch in Hinblick auf moderne Scratch-Routinen.
Dass die Rillenbeleuchtung von einer zeitgemäßen LED übernommen wird, lässt darauf hoffen, dass die Notwendigkeit zum Tausch weitaus seltener auftritt als beim guten alten Glühfaden des 1210ers. Ein weiteres erfreuliches Detail: Mit im Lieferumfang des PLX-1000 befindet sich eine Abdeckhaube (war beim Original kostenpflichtiges Zubehör). Eine weitere – zwar kleine, aber dennoch kluge – Optimierung zeigt sich beim Blick auf die rückseitige Anschlusssektion: Denn das Gespann aus Stereo-RCA-Buchse und Erdungsrändelschraube ist in ein einzelnes, vom Gehäuse getrenntes Modul gewandert, das sich im Servicefall problemlos tauschen lässt – sehr gut.
Im praktischen Einsatz zeigt der Pioneer eine einwandfreie Leistung: Das Austarieren des Tonarms geht im weiten Bereich von 3,5 bis 13 Gramm problemlos von der Hand, der Plattenstart erfolgt mit flinken 0,3 Sekunden (bei 33 1/3 RPM) und auch das Drehmoment von 4,5 kg/cm ist absolut standesgemäß.
Fazit
Technisch gesehen muss man den PLX-1000 als geradezu konservativen Vertreter seiner Art bezeichnen: Keine Controller-Funktionalität, kein Digitalausgang, kein integrierter Line-Preamp – Mitbewerber aus dem Hause Reloop, Stanton oder Numark sind in Bezug auf die Ausstattung mindestens eine Tonarmlänge voraus. Doch gerade das zeichnet den Pioneer wiederum aus. Denn er ist – abgesehen von einigen guten Details wie etwa dem umschaltbaren Pitch-Bereich, der modularen Anschlusssektion oder dem wesentlich höheren Drehmoment – der denkbar schnörkelloseste Nachbau des Originals. Hinzu kommt: Pioneer sind nicht irgendein Hersteller, sondern der Marktführer im Bereich DJ-Equipment und kann absehbar mit einer guten Produktpflege aufwarten. Das dürfte bei DJs, Veranstaltern und Clubs ein hohes Gewicht haben, wenn es darum geht, einen Ersatz für die altgedienten 1210er zu finden. Kurz: Der PLX-1000 hat allerbeste Chancen, das Standardgerät auf allen DJ-Arbeitsplätzen dieses Planeten zu werden, wenn dort (noch oder wieder) ein Turntable gewünscht ist.
Video: Pioneer PLX-1000 – Official Introduction