Stillstand schläfert ein, und Künstler, die bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf einem etablierten Erfolgrezept herumtanzen, werden irgendwann schrecklich langweilig. Einer, der sich gern hinterfragt, auf seinen Herzschlag hört und seinen künstlerischen Schaffensdrang stets in neue Bahnen lenkt, ist der Amerikaner Devonté Hynes. Als Mitglied des Trios Test Icicles rüttelte er Mitte der Nullerjahre mit wütendem Dancepunk die Indiediskos durch. Dann gründete er seine Ein-Mann-Show Lightspeed Champion und tobte sich zwischen Weirdfolk und Leftfield-Pop aus. Sein neustes Baby heißt Blood Orange. Dahinter steckt er wieder ganz allein. Mit androgyner Stimme und kühler, glamouröser Sehnsucht taucht er tief in die romantische Zone der Achtziger ein und singt vor dem Hintergrund meist zurückhaltender, mit orientalischen Melodien aufgeladener elektronischer Arrangements so sinnlich wie einst Chris Issak mit Supermodel Helena Christensen am Strand. Seine Lieder sind dabei feinsinnig entrückt und verbreiten eine mit Sex aufgeladene Atmosphäre, zu der man ungeheuer gern eine Nacht in einer Rotlicht-Spelunke verbringen möchte. Mitternachtsmusik, dunkel, empfindsam und furchtbar infektiös.
Stream: Blood Orange – Champagne Coast