DJ Kozes erstes Album als Adolf Noise beginnt mit Ausschnitten eines Konzerts des Schlagersängers Gunter Gabriel in Eisleben, bei dem dieser sein empörtes Publikum als untätige, arbeitslose Faulenzer beschimpfte: Etwas anderes könnten sie nicht sein, wenn sie Zeit hätten, nachmittags sein Konzert zu besuchen, auf dem er als Unterhaltungskünstler ja schließlich als einziger arbeite… Dieses Sample bringt die existenzielle Spannung, den überall in der Popkultur spürbaren Abgrund zwischen Hedonismus und Existenzpanik auf den Punkt. Und, in der Tat: „Wo die Rammelwolle fliegt“ umreißt komödiantisch und musikalisch das gesamte Pop-Ereignis der Gegenwart, ist zugleich Hörspiel, Sound-Art, Electronica und Songwriter-Musik. Manchmal wirkt es wie Klangkunst, die mitten in der Nacht im Deutschlandfunk laufen könnte, die Stücke laufen aber nie ins Leere, sind immer extrem treffend. Koze fasst den Nullpunkt der elektronischen Musik und Nullpunkt der Popmusik ins Auge: hier den einzelnen, isolierten Sound, dort Gitarrengeklimper oder Singsang. Deshalb hat das Album zugleich etwas absolut Naives, Herzergreifendes und etwas völlig Abgebrühtes, Distanziertes. Man liebt ihn dafür, dass ihm nichts peinlich ist, dass nichts gefiltert wird, dass alles, was ihn beschäftigt, was ihm komisch vorkommt, unmittelbar in den Sound einfließt. Ist DJ Koze etwa einer der wenigen echten Popstars, die die elektronische Musik hervorgebracht hat?
Wo die Rammelwolle fliegt
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