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The World Is Gone

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Auf den Soundstrom von Various kann man nicht anders reagieren als mit einem Schauder. Dieses geheimnisvolle Projekt aus London wird manchmal unter Grime, unter Dubstep oder unter Neofolk geführt, tatsächlich lässt sich „The World Is Gone“ aber durch nichts Bekanntes abbilden. Diese Musik erfasst einen mit einer ungreifbaren Energie; das unmittelbar Auffällige an den Tracks von Various ist ihre extreme Mächtigkeit und ihre ruhende Langsamkeit. Zahllose Layer aus Flächen schichten sich übereinander, phasenweise sind die Basslines die einzigen rhythmischen Markierungen. Various produzieren eine extrem räumliche Musik – zugleich gibt es darin keine Orientierungspunkte, nichts, an dem man sich festhalten könnte. Wenn Techno und House einen fest auf den Beton des Dancefloors platzieren, wandert man durch diese Tracks, wie man es sich vorstellt, durch die Wolken zu spazieren, wenn man im Flugzeug aus dem Fenster blickt. Im Gegensatz zu ihren früheren Stücken haben alle Tracks auf dem Album Vocals. Die Stimmen haben eine extreme Präsenz, sie sind so perfekt aufgenommen, dass man manchmal meint, den Atem der Sängerinnen und Sänger zu spüren. Dabei gibt es keinen durchgängigen Gesangsstil. Einige der content:encodede sind gesprochen, die gesungenen Nummern haben die spontane Unmittelbarkeit von Folkmusik.
Über die Musiker ist kaum etwas bekannt: Auf XL Recordings nennen sie sich Various, auf den meisten Releases auf ihrem eigenen Label heißen sie Various Productions. Various sind ein Adam und ein Ian, ein Steve ist an einigen Produktionen beteiligt. Ian und Steve sind im Arch25-Studio am Londoner King’s Cross tätig. Die Sängerinnen und Sänger auf dem Album erhalten keinen Credit. Seit 2002 veröffentlichten sie auf ihrem gleichnamigen Label neun 7“- und 12“-Singles, die Katalognummern 10 und 11 enthalten Instrumentals von vier Songs des Albums und sind auf je 100 Exemplare limitiert. Die A-Seiten-Tracks der Serie arbeiten tatsächlich auf den Sound von „The World is Gone“ hin, auf den B-Seiten erscheinen meistens obskure Klangexperimente, amerikanische Popsongs der Fünfzigerjahre, Lieder aus Italo-Western.
Dubstep ist es gelungen, Dub ganz aus dem Roots-Zusammenhang herauszuholen, die Erlösungsmystik, die der Musikstil immer kommuniziert hat, abzustreifen und sie zu einer modernen, säkularisierten Popmusik zu machen. Various treiben diese Entwicklung weiter, indem sie diverse direkte und indirekte Bezugspunkte herstellen, die jenseits der jamaikanisch-britischen Musikstile liegen: Im Umgang mit den Stimmen erinnern sie an die Überväter des elektronischen Songwritings, an Massive Attack, in ihrer Kryptik an Hallucinator, in ihrer Klangverarbeitung an Produktionen von Adrian Sherwood – und in ihrer Gewaltigkeit und Entrücktheit an My Bloody Valentine.

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