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The Waiting Room

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Erfolgreiche DJs sind am Album-Format oft kläglich gescheitert. Anders DJ Chloé: Mit einer erstaunlichen Souveränität bewegt sich die Pariserin auf ihrem Debütalbum in einer selbst erschaffenen Zwischenzone zwischen Techno, Electro, freieren elektronischen Sounds sowie Popmomenten. Chloés Sets werden oft als Mischung aus Minimal-Techno und Electro charakterisiert, ihre Experimentierfreudigkeit hat sie zu einem der erfolgreichsten DJs Frankreichs gemacht. Seit 2002 hat Chloé Thevenin eine Handvoll Maxis auf Labels wie Karat oder Kill The DJ veröffentlicht. Ihre Hits dokumentieren ihre große stilistische Bandbreite: das kalte, minimale „I Hate Dancing“ mit dem ironischen Vocal, das fordernde, electropop marschierende „Sometimes“ oder das entgrenzte, indietronicaartige „Paradise“. Chloés Stücke klingen unterproduziert, sie wirken wie Song-, Track- oder Sound-Skizzen. Sie hat einen sehr persönlichen Umgang mit den Klängen. Im ersten Moment erscheinen ihre Stücke charmant, später ist man immer wieder von deren klanglicher und emotionaler Wirkung überrascht. Die instrumentalen Stücke beginnen oft unauffällig und arbeiten sich dann zu einem Punkt vor, an dem die spezifische Konstellation der Sounds neuartig klingt, bis einen die Klänge in Erstaunen versetzen. In anderen Stücken entwickelt Chloé eine spezielle Art des Songwritings, das von einzelnen popeen und simplen Melodiefiguren ausgeht – diese Nummern wirken wie die Vertonung poetischer Einfälle. „Around The Clock“ etwa handelt von der Unerbittlichkeit der Zeit, die sich im Ticken der Uhr ausdrückt. „It’s Sunday“ berichtet von einem einsamen Sonntag nach einer durchfeierten Nacht und schweift zu einer Erinnerung an die kindliche sonntägliche Langeweile mit der Sehnsucht nach dem Montag, an dem endlich wieder etwas passiert. Chloés Stimme klingt nie dezpopiert cool, sondern real und alltäglich. Songs entstehen bei ihr nicht aus durchkonstruierten Songschemata, sondern aus der Wiederholung kurzer, eindringlicher Sätze.
Woran Miss Kittin oder Kate Wax auf ihren Alben mehr oder weniger gescheitert sind, nämlich aus der Clubmusik so etwas einen Popmoment, eine weiter reichende Aussage zu entwickeln, das gelingt Chloé auf The Waiting Room. Wenn Elektronikproduzenten Alben mit Popambitionen produzieren, neigen sie zum Größenwahn. Chloé macht genau das Gegenteil: Sie tritt einen Schritt zurück. Die Liebe zu den Sounds ist das große Thema in ihrer Musik. Die Auseinandersetzung mit den musikalischen Formen zielt darauf, ihren besonderen Charakter, ihre spezielle Wirkung hörbar zu machen. Diese Lust am Hören stellt die Verbindung zwischen den experimentellen Lofi-Tracks und dem hypnotischen Deep Techno her.

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