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Strike 100

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Der obskure Märchenwald auf dem Cover – mit psychedelisch strahlender Fauna, radioaktivem Getier und einem hexenhaften Fashion-Halbling – mag ja zunächst an Goa-Partys von einst erinnern, spielt sich aber im Gegensatz zu diesen weniger auf Lichtungen, als vielmehr tief im dunkelsten Dickicht ab. Auf der Doppel-Compilation der Shitkatapult-Rasselbande begibt man sich mit kontemplativem Knuspern aus dem Unterholz und verlockendem Knistern im Geäst auf eine Reise zum Mittelpunkt des Unbewussten. Nun ja, nach hundert Releases sei ein wenig Reflexion erlaubt. Der Blick in den langen, dunklen 5-Uhr-Tee der eigenen Seele reicht jedoch tiefer, als der gemeine T.Raumschmiere-User sich vielleicht hätte eingestehen wollen. Kein Bollertechno, kein Knatterpunk, stattdessen folgt man pilzvergiftet dem Kaninchen bis tief in den Wald. Aber weil man vergaß, Brotkrumen zu streuen, und jede Bassdrum, die einem den Weg zurück hatte weisen können, längst verworfen und vergessen ist, begibt man sich – alle äußeren Strukturmerkmale abstreifend – durch die Pforten der Wahrnehmung auf eine etwas andere Reise ins Ich.
Zurück zum Elementaren. Zurück zum Geräusch. Filigran krakelnde Lärmpartikel flirren und sirren unter verschlungenen Schattengewächsen, die sich ringend, schlingend und stetig verdichtend im Rauschen der Blätter zu einem wortlosen Gesang erheben. Genau so klingt das. Dunkel und mächtig. Ambient im besten Sinne. Respekt, das muss man schon sagen, wie es Shitkatapult gelingt, die eigene Stilvielfalt auf eine in sich kohärente Essenz zu kondensieren, die eben nicht als das bloße Nebeneinander einer Werkschau daherkommt. Eine Abstraktionsfähigkeit auf diesem Niveau würde man anderen Labels beim Blick in den Spiegel genauso wünschen.
Noch dazu, weil hier trotz aller Stimmigkeit die Grenzen des Genres ausgelotet werden. Vom cineastischen Prunk episch ausgebreiteter Spannungsbögen (The Orb wieder mal auf Solaris-Kurs) über kleinteiliges Frickeln hin zu den mannigfaltigen Qualitäten tausendundeiner Rauschfrequenz. Während man sich an einer Stelle tief und ernst durch die Herzkammer frisst (perfekt geknattert: T.Raumschmiere) lugt an anderer der Schalk koboldgleich kichernd hinterm Baum hervor. Wie etwa beim verspult eiernden Johnny Cash im Apparat-Mix, der gleich zu Anfang – mindestens so erhaben wie schräg – den Sonnenuntergang verkündet. Oder der sirenenhafte Schwanengesang im AG-Penthouse-Remix von „Westen“, der zwischen breiten Melodiebögen, Katzenmiauen und kullernden Murmeln ganz am Ende noch einmal alles, was wichtig war, zusammenfasst. Ja, Shitkatapult ist es hier vor allem gelungen, zwischen all die verspulte Introspektion immer wieder auch kurze Momente poppiger Eleganz (Soap & Skin, Das Bierbeben und meine große Liebe Judith Juillerat) zu streuen, die so behutsam und unaufdringlich aufleuchten, dass man sie als magische Erscheinungen nicht eine Sekunde hinterfragen will.
Hundert Releases Shitkatapult, zwei CDs, ein Trip, null Fehler.

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