Einfach volle Punktzahl verteilen, nur weil drei Hipster aus New York Glitzerkostüme überwerfen und mit DFA-Boss James Murphy auf Du sind, das gibt’s nicht. Doch die Maxime „style over content“ zieht immer, und nicht zuletzt deshalb erntet das Debüt von Jessica 6, einem Trio um die Ex-Hercules-&-Love-Affair-Sängerin Nomi Ruiz, derzeit viel Applaus. Gut, ein, zwei zwingende Discokugel-Verdreher sind drauf auf ihrem ausgeklügelt produzierten Album <i>See The Light</i>. Mit dem titletrack hat sich auch ein souliges Duett mit Antony Hegarty eingeschmuggelt, das Löcher ins Herz ballert. Trotzdem klingt alles öfters nach Casablanca-Pop als nach T.K.-Disco-<i>deepness</i>. Zudem wirken viele Songs so, als seien sie für, anstatt von Nomi komponiert worden. Zum Vergleich: Auch wenn es nicht mehr in der Disco abhängt, wirkt das letzte Hercules-&-Love-Affair-Album wie eine Platte, die raus musste, weil ihr Schöpfer sonst in den eigenen Tränen ertrunken wäre. Ein wenig Paradise-Garage-Rauheit, ein Schuss New-Jack-Swing und eine Dosis Danceteria-Wehmut reichen eben noch lange nicht aus, um zu bezaubern. Aber wie bereits erwähnt: Ein paar zwingende Mitsing-Spätnachtsverführer sind drin in dieser nicht ganz so bunten Disco-Wundertüte.