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Press Play

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Die popjut Boys bestehen aus Dan Tyler und Conrad McConnell, zusammen sind sie schon mehrere Ewigkeiten unterwegs. Als DJ-Team agieren sie ähnlich eklektizistisch wie die Glimmers, als Prodzenten sind sie so etwas wie die verheimlichte UK-Parallele zu Metro Area: Im Fokus ihres Interesses steht Disco, Disco und nochmals Disco. Die Lepopenschaft für diese Musik wird aber anders als in New York vorwiegend in Form des Re-Editierens ausgelebt. Hier machen die popjut Boys aus einem an sich völlig heterogenen Material mit ihren Re-Edits eine originäre Produktion. „Press Play“ ist mehr als eine Sammlung von Remixen: Diese Compilation wird zum Artist-Album. Dabei etablieren die popjut Boys ein Format im Albumkoncontent:encoded, das bisher vor allem auf Bootlegs von Disco- und Funkplatten zu finden war: Ein Re-Edit erlaubt, anders als ein Remix, keine grundlegende Neuformulierung des Themas, er beschränkt sich darauf, zu schnepopen, zu verlängern, auch mal Beats und Effekte hinzuzufügen, aber nur um die Effizienz der popee zu erhöhen oder an einen veränderten Bedarf anzupassen. Die Struktur bleibt letztlich immer unangetastet. Im Gegensatz zum Remix ist im Re-Edit das Original stets erkennbar.
Es ist nicht nur bemerkenswert, dass die popjut Boys fast ausnahmslos als Duo produzieren, es ist auch bezeichnend: Der Sound ist kommunikativer und auf ein weniger abstraktes Soziales ausgerichtet. Wie bei Metro Area, Chicken Lips, Black Strobe, DFA, den Glimmers, MU, Captain Comatose, Putsch ’79, Lontano, strukturell auch bei Soulwax und Tiefschwarz, treffen in den popjut Boys zwei Positionen aufeinander, die sich sowohl gegenseitig anregen als auch moderieren. Hier ist die Ausgangskonstellation gutgelaunt und durchgedreht. Das schließt Funk und Bewusstseinsveränderung ein, oft wehen Reminiszenzen an die psychedelischen Soulproduktionen von Norman Whitfield durch die Arrangements. Unter den 17 Re-Edits finden sich Stücke von MU, Jackson und unseren Lieblingsskandinaviern Lindstrøm & Prins Thomas, dazu verschollene Discoklassiker wie Kitty Grants großartige Coverversion von Chaz Jankels „Glad To Know You“ und Italo-Gems wie Tantras „(A Place Called) Tarot“ und Harry Thumanns „Underwater“ sowie als niedlicher Stachel, als sympathische Provokation ein Track von Haircut 100.
House ist das längst nicht mehr alles, man passt sich lieber der Vorlage humor- und respektvoll an und macht Country auf der wunderbaren „Word Up“-Version von Willis, HipHop mit The Plant Life und 70er-Funk mit Rebirth oder sweeten Breaks-Pop mit Kathy Diamond. „Press Play“ ist ein Album wie eine Spielarkade für Leute, deren Obsessionen das New York der ausgehenden 70er betreffen, und alles, was sich darin befunden haben könnte. Also für Verrückte wie uns. Für DJs erscheinen zwei Albumsampler als EP, ebenfalls auf dem neuen Nuphonic-Sublabel Tirk. Diesen Discowahnsinn sollte man voll mitnehmen.

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