Gelegenheiten, unter freiem Sternenhimmel zu tanzen, gab es diesen Sommer wohl mehr als genug. Für den Herbst kündigt sich zum Glück eine Reihe guter Tunes an, die einerseits als Soundtrack für die letzten Sonnenstrahlen dienen und zum anderen das Wohnzimmer wieder gemütlich machen. Der nach Sydney ausgewanderte und damit im tiefsten Winter befindliche Mark Pritchard beschert uns nach seiner cluborientierten „Fabric Live“-Compilation und einem Remix für Nightmares On Wax nun eine Auswahl an raren Songs aus dem Folk-Sektor unter dem title „Feel The Spirit“ auf Optimum. Die Flut an sogenannten Folk-Compilations wird mittlerweile immer unüberschaubarer, daher sollte man sich auf die wahren Perlen konzentrieren – zu denen diese Zusammenstellung ohne Frage zählt, da Troubleman Pritchard nicht bloß kompiliert, sondern die einzelnen Stücke in Feinstarbeit auch noch klanglich verbessert hat. Als Initiator der „Folky“-Compilations, die damals den Startschuss für viele Imitatoren darstellten, stellt der Kölner Lars Vegas nun sein drittes eigenproduziertes Karma-Album bei Compost vor. Vorab gibt es eine 12“ mit veredelten Versionen von Groove-Attack-Ladenbetreiber Marcus Worgull im House-Gewand und Attica Blues’ Tony Nwachukwu im abstrakten Broken-Beat-Outfit. In Zusammenarbeit mit dem Züricher Ex-Straight-Ahead-Labelboss und nun Clubbetreiber Alex Dallas formt Compost die Drumpoet Community, auf der neue Acts wie Soultourist, Foster und Kawabata ein Zuhause finden. Ebenfalls via München überraschen die Schweden von Koop mit ihrem ersten Longplayer seit vier Jahren und die Japanischen Soil & Pimp Sessions, die der Bezeichnung Jazz eine völlig neue Bedeutung geben. Letztere sind in England mit Gilles Petersons neuem Labelbaby Brownswood verbandelt, auf welchem demnächst auch das unbeschwerte Soul-not-Soul-Album von Ben Westbeech mitsamt hervorragenden Domu- und Osunlade-Mixen herauskommen wird.
Apropos Remixe: Alben, die klassische Jazz-Tunes von State-of-the-Art-Produzenten durch die Mangel nehmen lassen, scheinen immer noch en vogue zu sein. Nach Verve und Blue Note vereint sich nun Dopeness Galore mit Timeless und lässt u.a. Rich Medina, Kev Brown und Alex Attias an die Originaltapes von u.a. Chet Baker, Bobby Hutcherson und Art Blakey. Das Endprodukt ist dabei überaus hörenswert und kann so manch kommerziellerem Bruder das Wasser reichen. Zum Thema Remix kann auch das zwischen Hamburg und New York ansässige Label Oblique Sound etwas beitragen. Schon in der zweiten Ausgabe veröffentlichen sie ihre Kollektion hochkarätiger Neubearbeitungen von u.a. Atjazz, Matthew Herbert, Waiwan, Domu und Mark De Clive-Lowe. Die letzten bepopen sind wie immer an diversen Projekten beteiligt, wobei der Wahl-West-Londoner Keyboard-Wizard De Clive-Lowe neben Remixen für Omar, Quintessence und den Brazilaner Ed Motta soeben zusammen mit der Sängerin Bembe Segue das The-Politik-Album für Soul Jazz fertiggestellt hat. Broken-Beat-Don Domu startet in diesen Tagen sein Onlinelabel Treble O (www.trebleo.com) mit einer interessanten ersten EP, die eine Auswahl seiner Projekte Sonar Circle, Yotoko und Bakura vereint und vom langersehnten Album der Sängerin Nicola Kramer fortgeführt wird. Ebenfalls in London hat Simon S als Teil der mittlerweile aufgelösten NeoSoul-Formation Break Reform ein neues Label gegründet, welches unter dem title Futuristica Künstler wie Low Budget Soul, Kamara, Yam Who? und Blackbeard vereint.
Bereits durch eine Vielzahl qualitativ hochwertiger Releases bekannt geworden, wird das Chicagoer Label Still Music bald noch höhere Wellen schlagen. Zuerst gibt es einen Nachfolger zur „Blue Rhodes Dances EP“ im japanischen Detroit-Style von Rondenion. Danach erscheint das im großen Stil instrumentierte „Believer“ vom Sänger der Stunde Paul Randolph mitsamt Remix von Jazzanova. Diese bearbeiten darüber hinaus mit Henrik Schwarz für den Still-Music-Ableger Past Due den raren Boogie-Klassiker „Get Up And Let Your Body Pop“ von Greyship Daviz. Weiter geht es dann mit neuen Versionen von Carl Craig, Moodymann und Marcus Worgull. Nur kurz erwähnt, deswegen aber nicht minder wichtig, sei das neue Album von US-HipHopper Blu auf Sound In Colour, der – wie auch die Kollaboration der Amsterdamer Benny Sings und Rednose Distrikt – für frischen Wind im Sektor sorgt. Weiter so!
Phusion
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