Dass die sympathischen Menschen von DFA in ihren Büros in New York nicht unter der strengen Fuchtel des Stilpurismus agieren, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Nach der Neuinstallierung von Funk, Elektronik und Kuhglocke in einer längst spießig gewordenen Gitarrenmusik in engen Hosen und der darauf folgenden weltumspannenden Dance-Punkifizierung wird nun ja seit geraumer Zeit, ohne dass die ganze Angelegenheit dabei jemals konstruiert klingen würde, geschmepopig in den Gewässern von echtem House und astreiner Disco gefischt – der Übergang verläuft dabei fließend. Munter soll es nun in dieser Richtung weitergehen: Demnächst steht ein neues Album von The Juan MacLean an, und nach einer gerade angelaufenen Kooperation mit den Beardo-Brüdern von Rong Music stecken sie jetzt – immer Finger am Puls – die Fühler in einen noch extraheiß brodelnden Kessel aus Berlin.
Unter der Schirmherrschaft des Sublabels Death From Abroad, das sich – so will es der Name – um Unternehmungen aus Übersee kümmert, werden nun, fesch aufgemacht, auf zwei CDs bislang nur auf Vinyl oder digital erhältliche Stücke des formpopablen Berliner Labels Supersoul Recordings gebündelt und so die US- und überhaupt weltweite Veröffentlichung angeleiert. Das vor zwei Jahren von Xaver Naudascher gegründete Label steht, ähnlich den Geistesverwandten aus New York, für einen tatsächlich scheuklappenfreien Forscherdrang, der munter die Genres beackert, dabei aber – im Gegensatz zu den Bandkonzepten bei DFA – freilich wesentlich stärker den Rahmenbedingungen von Club- und Produzentenmusik verpflichtet bleibt. Die losen Klammern bleiben Disco und House, geprägt von einer dezenten, sexuell konnotierten Aggressivität und immer wieder einer Prise Knarz, dazwischen lässt sich mühelos so Einiges zu einem bunten Strauß verschnüren: Die chromblitzenden Tracks von Xaver Naudascher selbst, solo oder im Verbund mit seinen Kollegen Mogg, dem Norweger Skatebård, Walter Jones, dem leicht kratzbürstigen Plastique De Rêve oder dem aus Riga stammende Max Branslokker verdichten sich hier zu einer Atmosphäre, die von einer sinistren Nervosität gezeichnet ist. Zwischen Annäherungen an klassisches Detroit, Electro, Anflügen von Space Invaders und Chicago der guten alten Schuhe, bleibt Raum für Auflockerung in Gestalt von krautigem Geklöppel und nur dezent käsigen Ausflügen ins Reich von Italo. Auf Nobody Knows Anything treffen sich Nostalgie (in Form von Übersetzung altbekannter Folien in die Dancefloor-Gegenwart) und Techno-Futurismus im Darkroom – doch, doch, Ekstase garantiert. Eine großartige Zusammenstellung.
Nobody Knows Anything – DFA Presents Supersoul Recordings
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