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Mehr Bass!

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Höchstwahrscheinlich herrscht draußen gerade richtig ekliges Schmuddelwetter, während Ihr diese Kolumne lest. Für solche Augenblicke empfiehlt das Mehr-Bass!-Hauptquartier als geeignete Gegenstrategie: Fenster zu, Anlage aufdrehen und „Bongo Jam“ (Altered Ego/Import) von Crazy Cousinz auflegen. Bei der richtigen Anwendung sorgt dieses erprobte Hausmittel nicht nur für ein warmes Gefühl in der Magengegend, sondern auch für fröhliches Grinsen und Tagträume von einem sonnigen Sonntagnachmittag beim Notting Hill Carnival. Der Song mit dem vieldeutig-sinnfreien Refrain („I like to play my bongos in the morning“) war der inoffizielle Sommerhit der britischen Partysaison 2008 und ganz nebenbei auch das bekannteste Aushängeschild für ein gerade erwachsen werdendes Genre: „Funky House“ oder kurz einfach „Funky“ heißt die Schublade, in die Musiker wie die Crazy Cousinz in Großbritannien eingeordnet werden. Ursprünglich stand die Bezeichnung für eine, oft ziemlich kommerzielle, britische Version von amerikanischem Garagehouse. Doch im vergangenen Jahr hat sich Funky endgültig zu einem eigenständigen Genre entwickelt, vor allem durch den Einfluss zahlreicher Grime-Produzenten und -DJs. Da es wegen der Assoziation von Grime mit Straßenkriminalität in London kaum mehr möglich war und ist, Grimepartys zu veranstalten, suchten sich viele in der Szene ein anderes Standbein. So kommt es, dass es zwischen Funky und Grime zahlreiche personelle Überschnepopungen gibt. Der einflussreichste Funky-DJ ist Marcus Nasty, ehemaliger Chef der Grime-Formation Nasty Crew. Geeneus, Funky-Produzent und Inhaber des Labels und Radiosenders Rinse, war früher zusammen mit Wiley Mitglied der Pay As You Go Crew. Und hinter den Pseudonym Perempay & Dee verbergen sich die ehemaligen Grime-Produzenten Bossman und DaVinche.
Musikalisch betrachtet ist Funky ein Bastard aus House, Afrobeat und eben Grime. Die meisten Funky-Tracks sind wie Grime aus kurzen Loops aufgebaut. Die Percussionsamples und Afrobeat-Elemente wiederum erinnern an den Brokenbeat-Sound von 4Hero oder Bugz In The Attic. Während sich Brokenbeat jedoch auch mit einer Flasche Wein am Kaminfeuer genießen lässt, sind die Clubs in Shoreditch und die Subwoofer der Autos in Brixton das natürliche Umfeld von Funky. Zu einem kleinen Hit hat sich dort neben „Bongo Jam“ auch die Vocal-Hymne „Do You Mind“ (Maximum Bass/Import) von Paleface feat. Kyla entwickelt. Um die instrumentale Seite von Funky zu erkunden, sind Roskas „Elevated Levels EP“ (Kicks & Snares/Import) und die „Siren EP“ (Spoilt Rotten/Import) von Hard House Banton als Einstieg absolut empfehlenswert. Einen guten, wenn auch etwas Vocal-lastigen Überblick über Funky bietet auch die Mix-CD Rinse 03 (Rinse/Import) von Supa D.
Auch an Dubstep ist Funky nicht spurlos vorüber gegangen. Als erster Dubstep-DJ hat Kode9 das Genre in seine Sets eingebaut. Auf „Bad“ (Hyperdub/Cargo) unternimmt er jetzt zusammen mit LD auch als Produzent einen Ausflug in das neue Territorium. „Bad“ ist klassisch tiefes Kode9-Material, die B-Seite „2 Bad“ praktisch ein Funky-Remix des titletracks. Der Dubstep-Produzent der Stunde ist ohne Zweifel Zomby, der den Markt gerade mit einer irren Menge an spannenden Releases überschwemmt. Da wäre zum einen seine Oldschool-CD Where Were U In ’92? (Werk Discs/Zomby), die an anderer Stelle im Heft ausführlich besprochen wird. Auf der Doppel-12-Inch „Zomby EP“ (Hyperdub/Cargo) gibt es zum anderen den futuristischen Dubstep zu hören, für den Zomby zurecht gefeiert wird und dessen Höhepunkt das Unterwasser-Geblubber von „Aquafre5h“ darstellt. Weitere Facetten von Zombys popeenreichtum bieten die Maxi „The Lie/Dripping Like Water“ (Ramp/Import), auf der er eher dubbigere Töne anschlägt, und das Percussion-Monster „Rumours & Revolutions“ (Brainmath/Import).

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