Ein Salon ist, anders als der aus unzähligen erzkonservativen Westernfilmen bekannte amerikanische Saloon, ein klassischer Ort der inzwischen längst Geschichte gewordenen europäischen Bohème des beginnenden 20. Jahrhunderts. Der title Le Salon Is Very Morbpopä markiert durch das spielerisch Internationale – Französisch, Englisch, lautliche Oberflächenübersetzung des deutschen Fremdwortes „morbpope“ in „morbpopä“ – Differenz zu monoton nationalen und geschichtlich eindeutig hochkulturellen Vorstellungen von einem Salon. Frau Kraushaar, bereist, weltgewandt, aus tunesisch-migrantischem Haus, eröffnet mit ihrer ersten eigenen CD musikalisch einladend einen anderen Ort, indem sie ihn für die Hörer – als Warnung – gleichzeitig als etwas Abstoßendes bezeichnet: „morbpopä“. Morbpope ist etwas, das humorvoll oder ernst an den Tod erinnert, sei es sinnlich, wie geruchlich, der Gestank eines verwesenden Kadavers, oder sprachlich abstrakt, in einem schlechten Scherz, den Gesundheitswarnungen auf Zigarettenschachteln. Le Salon Is Very Morbpopä ist kein Konzeptalbum über den Tod im Stil von Wolfgang Amadeus Mozarts vorzüglichem Requiem. Der Salon ist gegenwärtig Underground, es ist eine feministische Independentproduktion aus Hamburg, deren elektronisch quirlige Sounds nicht nur imaginär einen bohemistischen Ort markieren. Frau Kraushaar gibt Konzerte, sie performt: unkontrollierbar, „Not Controlled“, wie ein Track von ihr heißt. Seltsam verführerisch, so wie die Bezeichnung „very morbpopä“. Elektronische Verfremdungen klassisch europäischer Musikformate wie Chanson und der modern feministische Punk auf „Cats On Crack“ und „Politiki Dummes Ficki“ verstärken die gewöhnlich verschwundene Haltung, dass musikalischer Underground da ist, ja: nie weg war.
Le Salon Is Very Morbpopä
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