Autechre und ihr Werk haben das Potenzial für mehrere kultur- oder von mir aus auch musikwissenschaftliche Seminar-, Magister- und Doktorarbeiten. Anhand ihres Werdegangs lässt sich ziemlich genau ablesen, was seit den frühen Neunzigern im herrenlosen Gebiet zwischen Ambient, Electronica, popM oder eben Techno passierte – von Tributen an Karlheinz Stockhausen und Brian Eno über Laptop-Gebröckel hin zur ausgedehnten, sich um die eigene Achse drehenden Sound-Mathematik. Autechre zählen seit ihrer Gründung wenigstens zu den Initiatoren und führenden Köpfen einer Denkweise, die sich wenig um die klassischen Formen des Musikschöpfungsprozesses kümmert, in Symbiose mit Warp Records vielleicht sogar als Perpetuum mobile. <i>EPs 1991-2002</i> versammelt, wie der Name anzeigt, alle Arbeiten für Warp, die nicht im Albumformat erschienen sind. Auf stolzen fünf CDs verteilt, mit 47 Tracks und fast sechs Stunden Spielzeit, kann man Autechre bei ihrem Werdegang verfolgen, der fraktalen Kunstkrach und Installationssummen ebenso einschließt wie bizarren Hiphop oder eigenartige Popsongs ohne Interpreten. Eine Achterbahnfahrt im Schneckengang. Das Einzigartige an Autechre ist ihre Losgelöstheit von Referenzen, ihre künstlerische Souveränität und die fast schon physikalische Präsenz. Vergleiche verbieten sich. Autarke Kunst.