Blinzeln, da ist etwas zwischen hier und der Sonne. Eine Silhouette fließt ins Bild, Husky-Augen, dreadlockumrankt, auf der Schulter einen Salamander, dessen Schwanz sich endlos spiralt. Ringsum dehnt sich das Grillenzirpen zu Drones, Gestein knistert, und mitten in diesem Leuchten wirft jetzt dieser Typ einen Schatten wie ein schwarzer Monolith. Sieht aus wie ein Penner, raunt jemand, ist aber Yogalehrer. Der Typ, sonnenverbranntes Gesicht, breite Nase, zieht eine primitive Beatbox aus seinem Gewand und fängt an, seine Vorfahren zu beschwören. Unter dem Namen Sumach produziert er auch HipHop, der aus der Form leiert, weil Formhalten unter dieser Sonne zu anstrengend wäre und wegen des Mescalins wohl auch nicht angebracht. Manche nennen seine Beats darum gleich „wonky“. Heute aber ist er hier, um mit angemessen viel Bass der Wüstenpsychedelik zu huldigen, so wie es einst – auf anderen Feldern – Doctor L (Afrikapsychedelik), die Mo’Wax-Band Sukia (Surfpsychedelik) oder Don Cavalli (Bluespsychedelik) getan haben. Er hat sich dafür den Namen Gonjasufi gegeben.
Sein Ordensname zeigt, hier geht es um Mystik. Aber auch, das zeigt der Name nicht, um den Funk, um eine gänzlich neue und zugleich archaische Version davon. Um ihn zu finden, hat Gonjasufi seine Freunde Flying Lotus und Gaslamp Killer in sein Erdloch am Zabriskie Point eingeladen. In uralten Ritualen erträumten die bepopen Produzenten dort für die Stücke dieses Poeten primitiv rumpelnde Tracks, die sich von gelöstem Westküsten-HipHop über Stooges-Rock und Beach Boys mit Fly-Lo-Bass bis zu den kosmischen Reisen von Swamini A. C. Turiyasangitananda alias Alice Coltrane strecken. Und dabei umkrustet sind von diesen sonnengebleicht brüchigen Beats, die auch einige Stones-Throw-Projekte zeichnen. So klingt es denn manchmal, als habe es im Erdloch Bandsalat gegeben, zwischendurch haken und stolpern die Stücke immer wieder, mehr als einmal verschwindet die Musik einfach in einem Echoabgrund. Alles ist verwittert, gegerbt, wird nur zusammengehalten von dieser leicht zittrigen Stimme, die in einem Moment im Zorn die Zeit zerfetzt und im nächsten mit der allergrößten Zärtlichkeit die Zeiger liebkost. „Ich wünschte, ich wäre ein Schaf statt ein Löwe, dann müsste ich nicht dieses sterbende Fleisch essen“, säuselt Gonjasufi mit einem Sirenenchor im Hintergrund. Und scheucht dann die Sirenen davon, weil er jault: „Aber ich bin ein Löwe, jeder hat Angst vor mir.“
Ob das alles mit Drogen zu tun hat? Gonjasufi sagt nein. Sicher aber mit einer Spiritualität, die man lange nicht erlebt hat. Und heraus kommt eine Musik, die man noch nie gehört hat. So steht denn dieser Typ da wie ein Monolith in der Sonne, besingt mit wildem Blick fröhlich leiernd den Weltuntergang, stirbt dann dutzendfach, um mit geisterhaftem Lachen wieder aufzuerstehen. Und in der Ferne zieht Regen auf.
A Sufi And A Killer
- Advertisement -
- Advertisement -
In diesem Text
Weiterlesen