Vorschaubild: Birgit Kaulfuss, alle weiteren: Numinos

Moritz Friedrich alias Siriusmo ist mehr als der gute Sidekick im Gefüge von Monkeytown, er war dafür ausschlaggebend, dass das Label von Modeselektor überhaupt gegründet wurde. Auf seinem vierten Album Comic zeigt der bescheidene Berliner wieder mal, was für ein wirklich ausgezeichneter Musiker und Produzent er ist und was für eine ganz eigene Soundsprache er hat. Höchste Zeit also, Friedrich im gleichnamigen Hain zu treffen.

Bereits beim Spießrutenlauf, über die von Pfützen gesäumte Bauzufahrt des benachbarten – dystopisch-visionär als „Gated Community“ angelegten – Premium-Eigentumswohnungsbauprojekts, hin zu seinem Schaffensraum in einem alten Industriekomplex, verbreitet sich das Gefühl, hier jemanden zu treffen, der einen Geist und eine Haltung hat, die diametral zu dem steht, was sich Investoren für ihre schmucken, aseptischen Bauvorhaben als finanzstarke Käufer wünschen.

Der Eindruck wird beim Betreten von Siriusmos Studio zur Gewissheit: Es ist ein aus der Zeit gefallener Ort – ein ebenso schrullig wie herzerwärmend vollgestelltes Spiel- und Arbeitszimmer, das von keiner peniblen Systematik, sondern allein der Lebenswirklichkeit und Kreativität seines Besitzers geprägt ist. Hier stehen Synthesizer und Orgeln neben ausrangierten Geldspielautomaten und Lampen, eine Romano-Actionfigur leistet dem Roland-Space-Echo Gesellschaft und Pinsel- und Farbpaletten leben in friedlicher Koexistenz mit Amps von Fender und einem Leslie von Allsound.

Es dauert nur eine Drehzigarette und der Musiker fängt an, über alle seine Instrumente Anekdoten zu erzählen: „Den Korg Trident hatte ich schon mit 16. Der hat von versifften Proberäumen in Köpenick bis hin zu Proben im Knast und ständigem Qualmen seines Besitzers schon alles gesehen und läuft ohne eine Reparatur wie am ersten Tag“, schwärmt Friedrich. Mit Blick auf das darunterliegende Rhodes bemerkt er, dass dies dagegen ein trauriger Fall von museal rumstehenden Dingen sei: Er resümiert, dass ein Rhodes eben immer ein Rhodes sei und der Sound bei ihm derzeit wenig Verwendung findet. Ganz anders: sein Wurlitzer Piano. Das liebe er einfach dafür, wie es sich spielt: „Ich kann ja keine Gitarre spielen und da ist das Wurlitzer eben so ’ne geile Art, sich den Funk reinzuholen“, verrät er schmunzelnd. In der hinteren Ecke dann – ob der schieren Größe fast wie ein Möbel und nicht wie ein Instrument wirkend: ein ausgesprochen seltener Polymoog. Der sei mit 4000 Euro zwar das Teuerste, was er sich je im Leben gekauft habe, dennoch liebe er das Teil und verwende es in fast jedem Track.

Gefragt, ob die stellenweise ziemlich komplexe Harmonik seiner Stücke auf einer klassischen musikalischen Ausbildung beruht, entgegnet Friedrich, dass es bei ihm reines Hören und Suchen sei. Der Musiker ist überzeugt, dass der autodidaktische Ansatz auch seine Vorteile hat, weil man sich selber überraschen kann: „Wenn da ein Musiker sitzt, der richtig Ahnung hat, der denkt dann: ‚Ah ok, jetzt geh ich da auf den Siebenachter hoch und mach die Ableitung mit diesem Endakkord‘, wenn man aber Autodidakt ist, hat man das Gefühl: ‚Oh, ich habe etwas erfunden‘, und ist berührt. Entsprechend emotional produziert er auch: „Ich bin nicht sehr technisch beim Arbeiten, sondern versuche, mir die Geilheit beim Machen zu erhalten und mich nicht um den Sound zu kümmern. Das heißt, ich stelle mir den Sound so ein, wie es klanglich passt, und den Rest mache ich später am Rechner.“

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