Momentan benutzt du den Modular-Synthesizer als dein Haupinstrument. Four Tet hat einmal in einem Groove-Interview gescherzt, “alle die ich kenne, veröffentlichen keine Platten mehr, sobald sie sich ein Modular-System zugelegt haben”. Wie siehst du das?
Mit dem Modular-Synth auf Tour zu gehen ist hart, weil sich nichts wiederholen lässt. Du kannst nicht einfach einen bestimmten Song spielen, weil es nicht so leicht ist, zu diesem bestimmten Stand zurück zu kommen. Deshalb kombiniere ich Software mit den besten Teilen des Modulars. Es gibt ein paar Sachen, die ein Computer nur schwer nachahmen kann. Wie analoge Schaltkreise verzerren, beispielsweise, wie sich Filter in merkwürdigen Situationen verhalten. Manches hat einfach nicht denselben Vibe, wenn es aus dem Computer kommt. Aber was den ganzen anderen Kram anbelangt, ist ein Computer super. Deshalb trenne ich zwischen beidem. Wenn ich also eine Idee habe, kann die live gespielt werden. Während ich vorher alles aufnehmen und dann darüber nachdenken musste, wie ich es live umsetze. Als ich also die Songs für das neue Album geschrieben habe, spielte ich ein wenig live und habe dann auf Tom und die anderen gewartet, damit wir gemeinsam ausprobieren konnten, ob es funktioniert.


Stream: James Holden & The Animal Spirits – Pass Through The Fire

Gab es einen Moment, in dem dir klar wurde, dass du das Album live mit Band einspielen wolltest?
“Pass Through The Fire” war der einzige Song, den ich noch auf der The Inheritors-Tour schrieb. Als ich Tom von dem Gnawa-Rhythmus erzählte, war der sofort Feuer und Flamme und spielte ihn beim Warm-Up vor der Show. Irgendwann meinten wir einfach, hey, lass uns doch diesen Song spielen. Er wurde dann auf der Bühne geschrieben, buchstäblich auf der Bühne. Das erste Mal spielten wir ihn in Australien. Wir sagten, “das ist ein neuer Song, mal schauen, ob das klappt”. Tat es! Aber es war so viel anders als die Studio-Version. Der Physik-Typ hat mir beigebracht, dass alles, was eine Person tut, alles weitere für die anderen beeinträchtigt.

Was bedeutet das?
Wenn ich in einer Band etwas zu spät einsetze, dann spielst du auch zu spät los. Das Tempo ändert sich und darauf wiederum folgt eine Reaktion. Wenn du im Studio eine Platten mit Layern und Overdubs macht, was die günstige und moderne Variante ist, hat die erste Person, die etwas einspielt, keine Chance, die anderen MusikerInnen zu hören und auf sie zu reagieren. Jede spielt Karaoke. Indem wir ihn aber live gespielt haben, nahm der Song seine eigene Form an. Tom dabei zu haben, wie er meine Intensität spürte und umgekehrt, gab dem Stück die Struktur.

James Holden von Laura Lewis

Du bist allerdings noch weiter gegangen und hast dir und der Band ein Dogma auferlegt. Du wolltest das Album live aufgenommen haben, in einem Raum in einzelnen Takes – ohne Overdubs oder Edits.
Stimmt schon, aber das ist wie mit dem ursprünglichen Dogma Manifest. Wer einen Dogma-Film dreht, bricht mit dem Manifest, oder? Auf “Spinning Dance”, die Vocals, das sind zehn Takes von mir, wie ich das Stück nach der Gruppenaufnahme einsinge. Abgesehen davon haben wir uns im Studio versammelt, und maximal drei Mal pro Song losgelegt.

1
2
3
4
Vorheriger ArtikelJames Holden: “This is folk. It’s not bourgeois capitalist music.”
Nächster ArtikelAsk The Artist: KiNK