Du hast sehr viel veröffentlicht – meinst du, dass du das unter einem Druck heraus tust?
Ehrlich gesagt ja. Die meisten der Platten, die in diesem Jahr erschienen sind, waren schon vor geraumer Zeit fertig. Ich habe viel Musik gemacht, zwei oder drei Songs an einem Tag waren kein Problem. Und jetzt mache ich zwei, drei Songs in drei Monaten. Das ist schon eine seltsame Veränderung, aber das gehört wohl zum Leben dazu.

Wann hast du mit dem Produzieren angefangen?
Ich glaube, das war 2011 oder 2012.

Hast du damals schon genauso produziert wie heute? In einem ähnlichen Stil?
Das ist eine ziemlich gute Frage. Ich hätte meinen Stil etwas mehr verändern sollen. Aber vielleicht bin ich nicht abwechslungsreich genug. Ich habe diese Art Old-School House immer geliebt und denke, dass was auch immer ich gemacht habe, meine Interpretation davon war, in einer Art.


Stream: DJ Seinfeld – Time Spent Away From U

Du produzierst ausschließlich mit Ableton. Willst du mal etwas anderes ausprobieren?
Ich will mir eines Tages ein paar Synths kaufen, aber ich denke, dass viele Leute viel Geld für Equipment ausgeben und vielleicht nicht darüber nachdenken, was für eine Art von Musik sie machen wollen. Ich meine, natürlich kannst du das machen. Es schadet ja nicht, sich was zuzulegen und damit herumzuexperimentieren, etwas Neues zu lernen. Aber ich muss es schon wissen, ich will meine Ideen beisammen haben bevor ich damit anfange, zu planen, was ich brauche.

Das heißt, du hast oft schon die Idee und setzt es dann nur um?
Oftmals habe ich nicht unbedingt einen ganzen Track im Kopf, aber wenn’s um Melodien geht, habe ich meistens mehr oder weniger eine Ahnung davon, welche ich haben möchte. Ich denke, dass ich ziemlich mies darin bin, Drums zu programmieren, den Beat als solchen. Ich hasse die Art, in der ich Beats mache, ich denke Melodien waren immer meine Stärke.

Ich habe gelesen, dass du nach deiner ersten Platte mit dem Auflegen angefangen hast, oder hast du damit vorher begonnen?
Nein, ich habe es versucht, aber – ich denke, mein erster Gig überhaupt liegt jetzt gerade ein Jahr her. Ich hatte vorher schon einige gespielt, aber es lief dann eher so, dass ich Ableton mit in den Club genommen habe und damit versuchte, zu mixen. Mein erstes richtiges DJ-Set war glaube ich im Arena Club in Berlin. Vielleicht war es nicht das erste, aber es ist definitiv das erste, an das ich mich erinnere. Ich erinnere mich daran, wie ich im Flughafen saß und YouTube-Tutorials übers Beatmatchen und so anschaute, und ich war sowas von nervös. Aber es lief gut. Ich möchte wirklich gerne ein richtig guter DJ werden, aber danach habe im Laufe der Zeit immer mehr Dinge aufgeschnappt. Es macht irre viel Spaß, aufzulegen, aber es ist auch etwas, das ich meistern möchte und mit dem ich mich wohl fühle. Ich fühle mich zwar wohl damit im Moment, aber ich denke dass du dich umso freier fühlst, je besser du bist.

Warum hast du nicht daran gedacht, ein Live-Set zu spielen? Das wäre doch einfacher gewesen?
Das liegt daran, dass ich einen richtig beschissenen Computer hatte, der ständig den Geist aufgab. Ich wäre total eingeschüchtert, wenn ich den mit in einen Club nehmen würde. Aber ich hoffe, das mal später in Angriff nehmen zu können. Momentan konzentriere ich mich aufs Auflegen und Produzieren.

Zurück zur Lo-Fi-Szene – wohin denkst, wird das Ganze in Zukunft gehen? Jetzt kennst du die Leute, jetzt gibt es eine Art von “Crew”.
Ich weiß nicht genau, was mit Lo-Fi passieren wird. Ich denke, dass Lo-Fi wie viele anderen verschiedene Genres bekannt wurde. Es ist kein neues Genre, es ist nur ein Name, das Label oder ein Begriff, der dem verliehen wurde. Es ist nichts Neues. Diese Art von Musik gibt es schon seit einer ganzen Weil, weshalb ich denke, dass die Leute schon verstehen werden, dass es sich dabei nur um eine andere Form von Dance Music handelt. Es ist roher, aber das war’s auch schon. Was die Leute innerhalb der Szene angeht, und damit auch mich: Ich denke, wir werden alle versuchen, anderes auszuprobieren. Ich habe niemals jemanden getroffen, der sich einem bestimmten Sound anpassen möchte oder explizit versucht, Lo-Fi zu produzieren. Die Menschen, die ich in dieser Szene kennengelernt habe, sind sehr talentiert und haben große Ambitionen für sich selbst und ihre Musik. Ich denke, sie werden sich ausdifferenzieren und ihren Sound in eine andere Richtung pushen. Ich denke, Lo-Fi wird irgendwann verrauschen. Aber momentan denke ich, dass es viele Leute an Musik herangebracht hat, und dass es also gute und schlechte Dinge daran gibt, aber im Grunde ist es wie jeder andere Internettrend.


Stream: Robin S – Show Me Love

Es gibt viele Neunziger-Melodien auf deinem Album. Eine bestimmter Synth klingt wie der von “Show Me Love” von Robin S. Zusammen mit dem staubigen Sound – ist da eine gewisse Nostalgie in deiner Musik?
Ja, es gibt viel Nostalgie in meiner Musik. Als ich anfing, elektronische Musik, Dance Music, zu hören, war das genau das: Robin S – “Show Me Love” und alle diese Klassiker. Als ich klein war, konnte ich auf MTV jede Menge coole House- und Dance Music-Songs hören, das war großartig. Aber diese Musik kam aus einer Zeit, in der ich noch ein Kind und dementsprechend kein Teil davon war, weshalb es eine künstliche Form von Nostalgie ist. Es war überall um mich herum, aber ich war kein Teil davon. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, verschmilzt es wohl mit dem, was ich erlebt habe oder was ich mir wünschte, erlebt zu haben. Weil ich denke, dass sich die Clubkultur seitdem stark verändert hat. Es fällt es nicht schwer zu sehen, wie viele schlechte Dinge aktuell in der Dancekultur passieren und natürlich mag es damals ähnlich gewesen sein. Aber allein wie die Menschen sich damals bewegt haben – ich habe eine stark romantisierte Idee von einem Club in den Neunzigern. Ich weiß nicht, vielleicht ist das gar nicht mal Nostalgie, sondern nur meine Vorstellung davon, wie es damals gewesen sein muss.

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