Vorschaubild: Mark Richter (Amsterdam Dance Event)

Bereits bei der Ankunft in Amsterdam, ein paar Tage vor dem offiziellen Start des diesjährigen Amsterdam Dance Events, ist eine freudige Stimmung zu spüren. Wohin das Auge blickt wehen gelbe Flaggen oder aber gelbe Plastikwürfel stehen im Weg. Es herrscht noch Ruhe vor dem Sturm, in zwei Tagen werden rund 365.000 Menschen aus der ganzen Welt in die Stadt kommen, um sich mit Dance-Culture auseinanderzusetzen. Jeder auf seine ganz eigene Weise. Was diesen Großanlass so speziell macht ist, dass sich nicht einfach nur die DJs, Promoter, Artist- oder Label-Manager, Festivalveranstalter und alle anderen, die sich irgendwo im Musikgeschäft herumtreiben, treffen, um über ihr Business zu sprechen, sondern auch das Feierpublikum. Dazu nehmen Konferenzen und Talks eine ebenso wichtige Rolle ein wie die Partys.

Die Stadt putzt sich dementsprechend raus. Pop-up-Locations werden aufgebaut, Plattenläden füllen ihre Lager auf, die Werbebemühungen der Clubs auf den sozialen Medien laufen auf Hochtouren. Das spürt man auch wenn man am Dienstag bei Bordello A Parigi, dem im März dieses Jahres eröffneten Plattenladen des gleichnamigen Labels. Stolz verweist man auf die Instore-DJ-Sessions, welche täglich stattfinden werden. Baba Stiltz, der am Mittwoch mit cheesy Hip-Hop das Publikum irritieren wird, Job Jobse, Gerd Janson und Gilb’r sind nur einige der Namen, die man auf dem Flyer liest. Doppelt so viele Platten wie sonst hat der Laden während des ADE am Lager. Auch bei Rush Hour werden noch während den offiziellen In-Store-Konzerten kistenweise Vinyl direkt von den Presswerken angeliefert. Als Nina Kraviz zum Tanz bittet, platzt der Laden aus allen Nähten – der Schweiß tropft buchstäblich von den Wänden. Ebenfalls in dem Getümmel suchten unermüdliche Digger nach Platten oder stürzten sich auf die ADE-Exklusiv-Pressungen.

Mit dem offiziellen Start des ADE, zu dem Richie Hawtin am Mittwochabend ein Eröffnungsset spielt, ist auch auf den Straßen deutlich spürbar, dass mehr als die übliche Zahl an Partytouris Amsterdam bevölkern. Alle, die nicht wegen des Festivals in der Stadt sind, wundern sich gehörig über die eklatanten Preise in den Clubs und das geschäftige Treiben in gefühlt jeder Nische, die mit einem Soundsystem ausgestattet ist. Die verschiedenen Events verteilten sich über ganz Amsterdam, mit dem Fahrrad aber sind auch die abgelegensten Veranstaltungsorte innerhalb von maximal 20 Minuten zu erreichen.

Etwas außerhalb des Stadtzentrums hostet DVS1 seine Wall of Sound-Party. Dafür wurde eine mächtige Wand aus Speakern gebaut. Die auf fast 3 Meter gestapelten Funktion-One-Basstürme mit den Mittel- und Hochtönern obendrauf entfalteten in dem großen Warehouse ihre ganze Kraft. Techno wird zelebriert mit Helena Hauff, die gnadenlos Bass und Acid auf die Raver schießt. Das Ziel von DVS1, mit der Wall of Sound die Musik ins Zentrum zu stellen, ist definitiv erreicht. Ein Großteil der Tänzer weiß nur dank den LED-Bildschirmen, wer gerade spielt. Ganz bewusst hat man den DJ hinter der Crowd platziert, sodass nicht wie üblich zum DJ getanzt wird – sondern zur Anlage, die damit der eigentliche Star des Abends ist.

@amsterdamdanceevent: The Wall Of Sound mit Helena Hauff.

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Etwas außerhalb des gängigen Clubkontextes bewegt sich wie immer die Red Light Radio-Crew. In ihrem vor einigen Monaten eröffneten Shop, nur wenige Meter vom Radiostudio entfernt, spielt Michal Turtle zusammen mit HOVE ein für diesen Abend einstudiertes Live-Konzert. Die über das gesamte Lokal verstreuten Klipsch-Lautsprecher verstärken die Wirkung von Turtles klaren Syntheszier-Sounds, die von seinen Alben auf Music From Memory bekannt sind. Trotz hoher Temperaturen lässt sich hier niemand dazu bewegen, vor dem letzten Akkord sein Fleckchen im Gedränge aufzugeben.

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