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Zeitgeschichten: Robert Görl / DAF

Das Herz macht Bumm

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Vorschaubild: Sabine Raef (Robert Görl). Zuerst erschienen in Groove 168 (September/Oktober 2017).

Zwar wäre DAF ohne die martialische Performance von Sänger Gabi Delgado kaum vorstellbar und auch Produzentenlegende Conny Plank trug seinen Teil dazu bei, dass Alben wie Alles ist Gut oder Gold und Liebe heute noch genau so radikal und modernistisch klingen wie im Jahr 1981. Doch Robert Görl perfektionierte nicht nur die prägnanten Synthesizer-Sequenzen, deren Einfluss immer noch in vielen Bereichen der elektronischen Musik nachhallt, sondern brachte mit seinem schweißtreibenden Schlagzeugspiel auch den Body in die Electronic Body Music. Die Frühgeschichte von DAF wird gerade mit der Werkschau Das Ist DAF geehrt, aber solo ist für den 1955 geborenen Görl ebenfalls viel passiert, auch abseits der Musik. Wir sprachen mit Görl über Buddha-Erlebnisse, verbockte Beziehungen und die wichtigen Platten seines Lebens.

Robert, die DAF-Box Das Ist DAF erscheint bei Herbert Grönemeyers Label Grönland Records. Er veröffentlichte seine ersten Soloalben ab 1979 zeitgleich mit DAF. War das damals nicht der Feind?
Herbert Grönemeyer war wahnsinnig kommerziell und damit eigentlich extrem weit weg von uns. So weit, dass er für mich kein Feindbild war. Das waren eher Kraftwerk, denn die machten auch elektronische Musik und waren uns viel näher. Kraftwerk klangen aber so steril, wie ich selbst das nie wollte. DAF war tatsächlich ein Gegenpol zu Kraftwerk, das haben wir auch früher schon gesagt. Kraftwerk ist Computer, null Körper. DAF ist Body Music. Und Grönemeyer? Das war einfach Radiomusik.

Zwei neue DAF-Songs sind jetzt auch entstanden. Habt ihr die ganz wie früher geschrieben und aufgenommen?
Da muss ich ausholen: Die berühmten Korg-MS-Synthesizer haben wir nur bis zu Die Kleinen und die Bösen benutzt. Auf den drei folgenden Alben habe ich einen ARP Odyssey gespielt, den hatte Conny Plank in seinem Inventar. Der hatte eine ganz andere Power und war viel lauter als der Korg. Alle unsere großen Nummern wurden damit gemacht. Ich selber besaß aber nie einen, nur meine Korgs, und die habe ich immer noch. Mittlerweile habe ich ein gigantisches Archiv an Sequenzen auf meiner Festplatte. Ich habe immer gehofft, dass ich manche Perlen davon irgendwann noch veröffentlichen kann. Für die neue Single habe ich mich da bedient und dieses Material mit in die Hansa Studios gebracht.


Video: DAF – Die Sprache der Liebe

Wir wollen hier vor allem über deine Zeit nach und zwischen DAF reden. Zum ersten Mal habt ihr euch bereits 1982 getrennt, ironischerweise nach dem Album Für Immer.
Dieser erste Split war sehr spektakulär. Gabi und ich haben immer alles ganz genau ausgeheckt. Wir wurden nie wirklich von außen gemanagt, sondern wollten alles selbst planen, vom Styling bis zu den Projekten. Ab und zu hatten wir einen Management-Versuch, der meistens kläglich scheiterte. DAF hat es noch nie vertragen, wenn sich andere einmischen, dazu ist unser Selbstbewusstsein zu groß. Das machte es natürlich auch schwierig. Aus heutiger Sicht sind uns wahrscheinlich ein paar größere Stücke vom Kuchen verloren gegangen, weil wir nie ein fettes Management hatten. Jedenfalls inszenierten wir uns immer selbst, deshalb mussten wir natürlich auch das Ende inszenieren. „Wir hören auf unserem Höhepunkt auf“, war der Spruch, den wir uns dann ausdachten. Und: „Das Bild ist zu Ende gemalt.“ Dadurch haben wir viele Leute enttäuscht. Die Plattenfirma war gerade dabei, uns nach Amerika zu hieven. Die fragten, ob wir wahnsinnig seien. Zuerst waren sie verzweifelt, doch dann waren die Türen für uns tatsächlich auch zu und wir sind auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Da lief dann erst mal gar nichts mehr, keine Anfragen, keine Tour. Aber es war trotzdem gut, denn wir wollten einen Break.

Hättet ihr denn musikalisch überhaupt weitermachen können?
Gabi hatte damals schon den Eindruck, dass wir uns langsam wiederholen. Für Immer fanden viele schon nicht bemerkenswert anders als Gold und Liebe, da gab es auch kritische Stimmen. Unser Stil war eben Minimalismus. Und wenn man diesen Stil so ausquetscht, gibt das nur ein paar Alben her. Trotz der Enttäuschung nach unserem Split waren wir uns aber in einer Sache einig: Das hat uns zur Legende gemacht. Das fanden dann auch die Fans von früher wieder cool, so richtig Punk.

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