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Zeitgeschichten: Marshall Jefferson

30 Jahre Acid House

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Foto: Presse (Marshall Jefferson). Zuerst erschienen in Groove 167 (Juli/August 2017).

Marshall Jefferson gehört mit seinen Hits wie „Move Your Body“ zu den Gründervätern von House. Auch für das Aufkommen von Acid House war er mitverantwortlich: Sein Track „I’ve Lost Control“ gilt heute als erste Acid-Veröffentlichung und seine Produktion von Phutures „Acid Tracks“, der vor 30 Jahren erschien, gab dem neuen Genre seinen Namen. Im nächtlichen Gespräch erzählt Jefferson, der heute in Manchester lebt, von seinem Unverständnis über die Kategorisierung Acid House und bedauert, dass an der Entstehung von House Music nicht mehr Frauen beteiligt waren.

Freitagnacht, ein Uhr, Moritzplatz, Berlin. Angetrunkene Paare schlendern um den Kreisverkehr, in einer urigen Eckkneipe stoßen Touristen mit Studenten an. Nebenan im Motel One steht Marshall Jefferson in der Lobby. Er trägt Baseballkappe, Sweatshirt, Jeans, gemütliche Sneaker und hält eine Tüte Chips in der Hand. Keiner der rein- oder raustorkelnden Touristen erkennt den Mann, der mit, wie er es sagt, Songs wie „Move Your Body“ und „I’ve Lost Control“ House-Musikgeschichte schrieb und mit „Acid Tracks“ das Genre Acid House miterfand.

Erst später, in der Mitte seines Gesprächs mit Groove anlässlich des knapp 30-jährigen Jubiläums von „Acid Tracks“, erkennen ihn zwei Fans, stolpern ins Hotel und begrüßen ihn kurz persönlich. Bei allem bleibt Jefferson freundlich entspannt und wirkt mit jeder Geste, jedem Grinsen jünger als 57 Jahre. Später wird er im Club Prince Charles ein Set spielen, das seine Vision von House dokumentiert: musikalische, songorientierte Instrumental- und Vocaltracks, verfeinert mit trippigen Effekten sowie Instrumenten wie Piano oder Streichern.


Vor ungefähr 30 Jahren hast du „Acid Tracks“ produziert. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Wie ist dein Rückblick auf die Clubmusik der vergangenen drei Dekaden?
Für mich ist alles sehr formelhaft geworden. Als ich meine Songs „I’ve Lost Control“ und „Acid Tracks“ produzierte, wollte ich nur Spaß haben und Musik machen. Nichts davon war als Genre gedacht. Ich habe die Roland TB-303 angeworfen und hatte absolut keinen Schimmer, wie das Ding programmiert wird. Alles war nur ein Unfall.

Gab es keinen anderen Antrieb?
Ich wollte neue Grooves machen. Etwas, das dem Gängigen widerspricht. Da kam mir natürlich auch die TR-303 zugute, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht oft benutzt wurde. 1984 oder 1985 war ich mit einem Freund in einer Gitarren-Musikalienhandlung in Chicago. Ein Typ da sprach die ganze Zeit von einem Yamaha QS-1 Sequenzer und erzählte, dass ich damit Musik wie Stevie Wonder machen könnte. Das hat mich fasziniert. Mein Kumpel, der Gitarre spielte, glaubte ihm nichts. Ich dachte: Das muss die Maschine sein, mit der Jesse Saunders Musik macht. Ich habe das Ding dann geleast und mir noch einen Mixer, Keyboards, eine TB-303 und eine Drum Machine andrehen lassen. Zwei Tage danach hatte ich meine ersten Songs produziert. Später habe ich damit auch „Move Your Body“ und „Acid Tracks“ gemacht. Ich habe damals alles auf 40 BPM produziert, es dann aber auf 120 gepitcht. Das allein klang noch nicht gut. Mit dem Yamaha QS-1 konnte ich aber alles so gestalten, dass es irgendwie natürlich klingt. Das alles ist sehr simpel: eine Bassline, ein Piano und Drums. Das ist nicht viel, aber man muss sagen: Die Basslines, die hatte ich drauf.

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