Sadovnik und Arzi wuchsen in einem Vorort von Tel Aviv auf. Sie kennen sich aus der Schule, zu Freunden wurden sie mit 14 Jahre bei einem Pingpong-Turnier im Haus von Arzis Eltern, bei dem Sadovnik alle Mitspieler vom Tisch fegte. Kein Wunder, galt er damals als israelische Tennis-Nachwuchshoffnung. Er sei sogar maßgeblich am Sieg Israels gegen Deutschland bei einem wichtigen Turnier beteiligt gewesen, erzählt er. Als die beiden etwas später allerdings beschlossen, eine Band zu gründen, hängte Sadovnik die Tenniskarriere an den Nagel und konzentrierte sich auf die Gitarre. Mit zwei weiteren Mitstreitern, einer davon war Arzis Bruder Yovav, spielten sie unter dem Namen Red Cotton lärmige Konzerte in kleinen Punk-Kellern. Wenn sie abends Ausgang vom Armee-Wehrdienst hatten, hingen sie in Rock-Bars ab. „Bier trinken und Led Zeppelin hören“, so beschreibt Arzi seine Nächte um 2004. Mit Appetit auf Clubkultur war bei den beiden damals noch nicht viel los.

Einen Sinneswandel löste 2006 ein Trip nach Amsterdam aus. Red Cotton hatten gerade ihr new-waviges Debütalbum Memory Card veröffentlicht und wollten damit in Europa durchstarten. „Wir dachten damals, wir seien die beste Band der Welt“, sagt Arzi und lacht. Die Platte blieb in den Startlöchern stecken, dafür verliebten sich Sadovnik und Arzi während ihres dreimonatigen Aufenthalts in das Amsterdamer Nachtleben. Besonders wohl fühlten sie sich im Club 11. „In Tel Aviv fand ich Nachtclubs meist einschüchternd und aggressiv“, erinnert sich Arzi. „Die Atmosphäre im Club 11 dagegen war einladend und freundlich. Das hat bei mir ein großes Umdenken ausgelöst.“

Inspiriert von ihrer Amsterdam-Reise arbeiteten Red Cotton zunächst noch zu viert an einer Verschmelzung von Rockinstrumenten und Elektronik. Doch nicht alle Bandmitglieder waren mit dem Kurswechsel einverstanden. Die Gruppe trennte sich, Sadovnik und Arzi machten als Duo unter neuem Namen weiter: Red Axes. Für Sadovnik fühlte sich die Trennung wie ein Befreiungsschlag an: „Endlich konnten wir Tracks selber fertigmachen – ohne Aufnahmen in einem Tonstudio.“ Arzi dagegen spornte die Auflösung dazu an, richtig mit dem Auflegen anzufangen. Inspiriert von DJs wie Optimo und Ivan Smagghe stürzte er sich Hals über Kopf in die Geschichte der elektronischen Clubmusik: Welche Genres gibt’s überhaupt? Welche Labels waren stilprägend? „Das brauchte einige Zeit“, sagt er. „Es war aber ein wichtiger Prozess in Hinblick auf unsere DJ-Sets und Produktionen.“

Nach ersten Gehversuchen im Tribal-House-Fach war die EP Tour De Chile von 2012 die erste Red-Axes-Platte, der man ein großes Maß an Eigenständigkeit und musikhistorische Forschertätigkeit anhörte. Eine wummernde Basslinie, die in ihrer Entschlossenheit an Henry Mancinis „Peter Gunn“ erinnert, darüber quengelnde Synthesizer und eine runtergekurbelte Männerstimme. Rock’n’Roll plus New Wave plus House macht Zeitgeist. Die EP erschien auf Cosmo Vitellis Label I’m A Cliché und war der erste Schritt einer fruchtbaren Partnerschaft. „Cosmo war anfangs unser Mentor“, sagt Sadovnik. „Wir schickten unsere frühen Aufnahmen an Labels raus, die wir mochten. Manche schrieben ‚Klingt gut‘, aber Cosmo war richtig angetan. Er gab uns Tipps und stellte uns den richtigen Leuten vor.“

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