Mittlerweile sind wir in den Wohnbereich der Andrews übersiedelt. Ein gemütliches Hippie-Loft, fünf Meter Luftlinie von der Werkstatt entfernt. Dieser Umstand scheint exemplarisch für die entspannte andrewssche Arbeitsphilosophie zu sein: Hemd oder Anzug trägt hier niemand, viele der Mitarbeiter sind verschwägert, Ann macht in der kleinen Küche Tee für die Belegschaft, der Chef lässt beim Pinkeln die WC-Tür offen. Kurz: Ein Interviewtermin bei Funktion-One fühlt sich an wie ein Besuch bei der Familie, nicht wie in einem international agierenden Tech-Konzern.

Vor acht Jahren hattet ihr laut Groove-Artikel 16 Mitarbeiter. Wie viele sind es heute?
17. Aber kann das sein, dass wir uns kaum vergrößert haben? Ann? (Seine Frau meldet sich aus der Küche zu Wort: „Das dürfte schon stimmen. Vermutlich waren wir vor acht Jahren überbesetzt und
faul, haha!“)
Es ging uns nie darum, ein Imperium aufzubauen, wir wollten nie die Größten, sondern die Besten sein. Wir betreiben den Laden noch immer mit der Begeisterung von Musikfans.

Aber wie schafft ihr es, mit einer so kleinen Belegschaft die große Nachfrage zu bedienen?
(Ann gesellt sich an den Couchtisch.)
Angesichts der großen Nachfrage wäre es natürlich naheliegend, einen Zehnjahresplan zu erstellen und in größere Räumlichkeiten zu übersiedeln. Aber diese neuen Strukturen müssten ausgebaut und langfristig erhalten werden. Das wäre unnötig riskant. Weil wir hier gar nicht wegwollen – auch wenn wir am Limit sind, was unsere Kapazitäten angeht. Unser Weg ist ein anderer: Wir beauftragen befreundete Anlagenverleiher in der Nähe mit der Herstellung unserer kleinen Produkte, sodass wir uns hier auf die Prototypen konzentrieren können. Wir schicken ihnen die Einzelteile
und geben ihnen die Bestellungen durch. Und sie liefern die fertigen Dinger an uns zurück. So profitieren alle davon. Ich habe selbst in großen Betrieben gearbeitet: Je größer eine Firma, desto größer die Gier. Mir ist da eine buddhistische Weisheit näher: Du musst den Wert in einer Transaktion sehen. Es geht nicht um den größten Umsatz, sondern um den Vibe. Das war immer meine Philosophie.

Du arbeitest seit fast vier Jahrzenten daran, Lautsprecher besser zu machen. Gibt’s in dem Bereich noch immer Fortschritte?
Schwingspulenformen kannst du heute aus Materialien herstellen, die hohe Temperaturen aushalten. Dadurch kannst du mehr Strom durchjagen. Im Prinzip muss man aber sagen: Für die Lautsprechermembran ist Papier noch immer das beste Material. Insofern unterscheiden sich Lautsprecher von heute gar nicht so sehr von denen, die in den 1930er-Jahren hergestellt wurden. Abgesehen davon, dass die damals nicht so leistungsstark waren.

Das heißt, moderne Technologie bringt kaum Verbesserung?
Moderne Technologie spielt sich im digitalen Bereich ab. Das Equalizing wird billiger. Aber wir konzentrieren uns auf den Lautsprecher selbst. Und da kommt es vor allem auf die Wahl der Materialien an und auf die richtige Einstellung des Lautsprecherchassis. Alle sind kegelförmig, manche gerade, manche gekrümmt, alle haben ihren speziellen Sound. Den besten zu finden, darin liegt die Herausforderung.

Das heißt, es gibt noch immer Herausforderungen für dich?
Klar. Wenn du einen neuen Prototyp fertig hast, bist du überglücklich. Aber wenn du ein paar Monate damit arbeitest, denkst du dir, okay, das könnten wir eigentlich noch besser machen…

An dieser Stelle läutet es an der Tür. Draußen steht Gerald Simpson alias A Guy Called Gerald, seines Zeichens britische Acid-House-Legende. Er kommt vorbei, um sein neues Laptop-Live-Set auf Tonys Surround-Soundsystem in der Werkstatt auszuprobieren. Quasi ein früher Probelauf für seinen Gig auf der Funktion-One-Bühne am Glastonbury-Festival im Juni. Während ein Mitarbeiter von Tony die Soundkarte des Musikers mit der Anlage verbindet, erklärt Gerald seine Faszination für Funktion-One: Er habe vor 15 Jahren in London das erste Mal auf einer von Tonys Anlagen gespielt. „Ich drehte die Lautstärke runter und den Bass nach oben. Trotzdem hörte ich die Mitten und Höhen extrem klar. Ich war begeistert“, sagt er. „Seitdem weiß ich: Wenn ich in einen Club mit Funktion-One-Anlage komme, muss ich mir keine Sorgen um den Sound machen.“ Tony hört zu und lächelt. So zufrieden, dass man ihm tatsächlich abnimmt, dass ihm ein solches Kompliment wichtiger ist als irgendein Geschäftsabschluss.

Shelter (Amsterdam)

 

Im vergangenen Oktober eröffnete mit Shelter ein neuer Club in Amsterdam. Die Anlage kommt von Funktion-One. Die Soundtechnikerin Bróna Lynch erklärt, warum die Wahl des Soundsystems die richtige war.

Welches Ziel habt ihr bezüglich des Sounds verfolgt?
Die Idee war, von der üblichen Frontalbeschallung, wie man sie aus Live-Clubs kennt, abzugehen und stattdessen ‚Sound-Blasen‘ über die Tanzfläche zu verteilen. Mit dem Ziel, dass sich die Tänzer nicht alle ums DJ-Pult scharren.

Wie sah es mit der Lautstärke aus?
Wir wollten uns an die behördlichen Regulierungen halten: 103 dB(A). Nicht unbedingt wegen der Nachbarn, sondern um die Ohren unserer Besucher zu schonen. Das war uns besonders wichtig, weil wir eine 24-Stunden-Lizenz und oft mehr als 16 Stunden am Stück geöffnet haben. Die Musik sollte gut und voll klingen, ohne dass die Tänzer am nächsten Tag ein Klingeln in den Ohren verspüren.

Warum habt ihr euch für Funktion-One entschieden?
Wir gingen unvoreingenommen an die Entscheidung heran. Ich schickte die erwähnten Anforderungen an Audiofirmen. Viele renommierte Firmen boten uns eine konventionelle Konzertanlage an oder Soundsysteme, die sie bereits in anderen Amsterdamer Clubs installiert hatten. THINK AV, der niederländische Anbieter von Funktion-One, ging am besten auf unsere Vorstellungen ein. Sie gaben uns außerdem Tipps, was die Schallbehandlung des Clubs betrifft.

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