Fotos: Alfred Jansen (Vermont/Marcus Worgull & Danilo Plessow)

Zuerst erschienen in Groove 165 (März/April 2017).

Aus einem Zufall heraus entstand an einem Montag das Projekt Vermont. Mit ihrer bravourös gemeisterten Gratwanderung entlang der Abgründe zwischen Kraut-Einflüssen, Ambient und unverhohlener Entspannungsmusik konnten Marcus Worgull und Danilo Plessow (Motor City Drum Ensemble) in den vergangenen drei Jahren viele Freunde gewinnen. Nun ist das neue Album von Vermont fertig, es trägt den knappen Titel II.

Studiosessions als Auszeit – auf diesen knappen Nenner kann man den Ursprung des Projektes Vermont bringen. Zwischen knallhart durchgetakteten DJ-Wochenenden hing der Innervisions-Produzent Marcus Worgull gerne mal mit Danilo Plessow vom Motor City Drum Ensemble in dessen Studio ab. Damals wohnte Plessow noch in Köln. Ums Musikmachen ging es zunächst überhaupt nicht. Marcus Worgull ließ sich das Studio zeigen, bei diesem oder jenem Synthesizer drückte er mal ein Knöpfchen, aber das war es auch schon.


Stream: Vermont – Majestät

Doch eines Montags geschah es dann doch. Noch ziemlich erschöpft vom zurückliegenden Wochenende machten die beiden Musik, ganz ohne Bassdrum-Stress. Zwei Stücke waren das Resultat dieser langen Nacht. Es folgten weitere Sessions, immer mehr Tracks sammelten sich an. Michael Mayer von Kompakt zeigte sich so begeistert, dass er das Album veröffentlichen wollte. Und so entschied sich, dass die beiden tatsächlich musikalische Partner wurden. Einen Namen hatten sie für ihr Projekt noch längst nicht gefunden. „Irgendwann musste ganz dringend einer her“, erinnert sich Marcus Worgull. „Während ich gerade den Film Die drei Tage des Condor mit Faye Dunaway und Robert Redford schaute, war ich deswegen mit Michael Mayer und Danilo per SMS in Kontakt. Der Film ist ein 70er-Jahre-Agentenkrimi. Robert Redford spielt einen Agenten, der auf der Flucht ist. Er nimmt Faye Dunaway zwar als Geisel, ist aber sehr nett zu ihr. Sie verlieben sich schließlich ineinander. Am Ende lässt Robert Redford Faye Dunaway frei. Sie stehen an einem Bahnhof, dort sagt Faye Dunaway: ‚Ich muss nach Vermont zu meinem Mann.‘ Ich dachte: Moment, Vermont klingt doch gut! Also schlug ich es vor.“

Musik, Essen, Sauna und Wellness

Seit diesen ersten langen Nächten freuen sich die beiden Vermont-Macher regelmäßig auf ihre gemeinsamen Studiosessions. „Es ist immer ein bisschen wie Urlaub“, erzählt Danilo Plessow. „Ich weiß dann: Jetzt werde ich drei Tage lang mit Marcus im Studio sein, das bedeutet drei Tage Ruhe, Teetrinken, Synthesizer und wohlwollende Musik. Wir treffen uns meist an Montagen oder Dienstagen. Da sind wir mental auf einem Stand, wo wir uns nach einer auditiven Umarmung sehnen und keinen Bock auf so einen stetigen Puls haben.“ Marcus Worgull bezeichnet den Sound von Vermont ganz selbstbewusst als Entspannungsmusik – ein Begriff, den wohl die meisten Musiker als künstlerische Beleidigung empfinden würden. Dass Vermont einmal so viel Zustimmung und Aufmerksamkeit zuteil werden würde, damit habe man nicht gerechnet. „Als wir mit dem Projekt am Anfang waren, fragten wir uns, wer sich das wohl anhören würde“, blickt Plessow zurück. „Vielleicht ist es ja gut für Yoga, dachten wir uns.“ Sein Studiopartner fügt an: „Danilo sagte mal so schön: ‚Das ist Musik für die Momente, in denen man eigentlich gar keine Lust hat, Musik
zu hören.‘ Natürlich würden wir nicht gerne hören, dass man Vermont als Fahrstuhlmusik bezeichnet. Dass unsere Musik aber eine Ruhe ausstrahlt und einen nicht überfordert, das finde ich sehr, sehr gut.“

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