Foto: David Pinzer (objekt klein a)

Die Nachricht sorgte weit über die Grenzen Dresdens für Aufregung: Die Elbestadt bekommt einen neuen Club und der meint es offenkundig ernst. Die noch bis Ende der Woche laufende Crowdfunding-Aktion für das Soundsystem des objekt klein a hat mittlerweile ihr gestecktes Zwischenziel von 25.000€ erreicht, bis zum angeschlagenen Funding-Ziel von 40.000€ ist allerdings noch ein wenig Luft. Von wem der Sound kommen wird, verriet uns das Team aber schon im Interview.

 


 

objekt klein a markiert den Zusammenschluss des Veranstalterteams Floppy mit Mitgliedern zweier ehemaliger Off-Locations. Mit welcher Motivation habt ihr euch an die Errichtung eines neuen Clubs gemacht?
Wir würden sagen, die Zeit war reif. Der Mond stand im Aszendenten der Leier und viele Dresdner*innen sehnten sich schon sehr lange nach einer bestimmten Spielart von Club. Der Traum davon war bei manchen von uns lange gereift und wurde durch den Umstand genährt, dass es extrem frustrierend ist, die mitunter sehr aufwändige Kulissen nach jeder Veranstaltung wieder einstampfen zu müssen. Auch das umsonst und draußen feiern war schön, so lange es gut ging, aber umso belastender, wenn nicht. Und da die Zeit der beiden Off-Locations abgelaufen war, lag es nahe, sich zusammenzutun. Jetzt, wo wir endlich mit der Sanierung fertig sind, erinnern wir uns mit Genugtuung daran, wofür wir uns die letzten 1 ½ Jahre verausgabt haben: Eine crossmediale Spielwiese, die wachsen und gedeihen kann, ein kultureller Streugutkasten in dieser emotionalen Eiswüste und nicht zuletzt ein Ort, der uns alle verbindet, auch wenn es den einen oder anderen dann und wann hier oder dorthin verschlägt.

Als eines eurer Ziele nennt ihr eure Beteiligung an der “Reformation der hiesigen Subkultur”. Was bedeutet das konkret?
Irgendwo zwischen Kellerraves und Designbars hat Techno bis heute einiges von seiner jugendlichen Verführungs- und gesellschaftlichen Sprengkraft verbummelt. Der Großteil liegt sicher unter dem vermeintlichen Zement der Verhältnisse begraben. Reformation muss heißen, den Zement aufzubrechen, anstatt Rollrasen auf ihm auszubreiten, unbequeme Fragen zu stellen, Barrieren zwischen Szenemacher*innen und Publikum abzubauen und den Geist des Aufbruchs nicht von der Professionalisierung verschlingen zu lassen. Das bedeutet, das Sub in der Kultur wiederzuentdecken, aber ohne damit den Anspruch der Kulturakteur*innen auf ein Auskommen zu delegitimieren. Dieser Spagat erfordert natürlich einige Beweglichkeit, aber andererseits ein gewisses Maß an Standfestigkeit, die vor allem ein großes Kollektiv mit sich bringt. Auf diese Art ringen ja manche Clubs mit sich und den Verhältnissen – das erscheint uns wichtig!

Benannt ist der Club nach einer Theorie des französischen Psychologen Jacques Lacan. Was hat es damit auf sich?
Anstatt für einen schnellen Witz, haben wir uns für diesen Namen entschieden. Er klingt zunächst ziemlich langweilig, sachlich. Und das bleibt er für viele wohl auch, selbst wenn man dahinter kommt, dass er einen Sinn hat, den verstehen zu wollen man aber zu faul ist. Wer hingegen gerne knobelt, könnte eine Weile damit beschäftigt sein, der Bedeutung des Objekt klein a auf den Grund zu gehen, zumal in Bezug auf Aspekte von Club- und Subkultur, von Hedonismus und Utopie. Wir haben uns den Begriff angeeignet, um mit ihm zu spielen und zu provozieren und uns dabei eher aus Versehen in ein ziemlich merkwürdiges Fahrwasser voller Treibgut und Untiefen begeben. Aber es tauchen auch auf Anhieb ein paar Inseln auf, um sich den Begriff zunutze zu machen. Im Zentrum Lacans Denkens stehen ja das menschliche Begehren und das Mehr-Geniessen. Unser Denken wird bestimmt von der Joy-Gier und den flüchtigen Momenten spontaner Seligkeit, was auch immer wir uns von ihnen erhoffen und nicht so recht in Worte fassen können. Jedenfalls geht es um mehr als Rausch! Was das alles aber eigentlich soll, ist oft absolut unklar. Um über diese Depression hinwegzutäuschen und den Hangover zu ertragen, bilden sich Phantasmen. Clubs und Musik sind vielleicht nicht mehr und nicht weniger, als Projektionsflächen für unsere Träume, Rahmen für unsere Erzählungen von einer besseren Zukunft oder legendären, vergangenen alten Zeiten. Das Objekt klein a gibt es nicht und gibt es doch in seiner Abwesenheit und es ist dabei der Grund für den immerwährenden Genuss daran. Es ist also ungefähr das komplette Gegenteil von einem schnellen Witz. Der Name ist aber auch nicht aus einem Lacan Lesekreis hervorgegangen, eher gibt er Anlass für einen. Vielleicht ist das verstehen wollen auch genugtuender, als das verstanden haben. Denn „das Einzige, dessen man schuldig werden kann, ist abzulassen von seinem Begehren.“ – so Lacan.

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.