Foto: Presse (Christian Morgenstern)

Mit einem limitierten Boxset, einem Schwung Remixes und dem erstmals digital erhältlichen, neu gemasterten Backkatalog wird dem 2003 gestorbenen Produzenten Christian Morgenstern gehuldigt. Wir haben der Konsequent-Labelmacherin Maral Salmassi dazu ein paar Fragen gestellt.

Christian Morgenstern hat zwischen 1997 und bis zu seinem frühen Tod 2003 sechs Alben und 15 Maxis auf Labels wie Kanzleramt, Kurbel und vor allem seinen eigenen Label Forte veröffentlicht. Was seine Musik bis heute relevant macht, ist die Experimentierfreude, mit welcher der in Düsseldorf geborene Producer unterschiedliche Techno- und House-Stile formulierte. Morgenstern benutzte damals hauptsächlich Vintage-Equipment aus den Siebzigern und Achtzigern, um seine Tracks zu produzieren. Und die klangen von Album zu Album unterschiedlich: von den Neunziger-beeinflussten Techno auf Kanzleramt (Miscellaneous und Miscellaneous II (New Issues For Pale People)) zu dem damals genredefinierenden Tech House von Lydia und schließlich dem Electro Pop von Hawaii Blue.

Seiner ehemaligen Freundin Maral Salmassi ist es zu verdanken, dass Morgensterns kompletter Backkatalog jetzt neu gemastert digital veröffentlicht wurde – begleitet von acht Remix-Maxis, die bereits im vergangenen Jahr erschienen sind. Die auf 300 Stück limitierten 12“es enthalten jeweils ein Original und zwei Remixes von Acts wie Efdemin, Oscar Mulero, Jonas Kopp oder Jeroen Search. Doch das ist noch nicht alles: ab dem 18. März werden in der Berliner Galerie Sprüth Magers sieben (!) Box-Sets Morgensterns verkauft, die von dem renommierten deutschen Künstler Thomas Scheibitz gestaltet und hergestellt wurden. Wie es dazu kam, haben wir Maral Salmassi selbst gefragt. Außerdem präsentieren wir Don Williams’ Remix von Christian Morgensterns “Miscellaneous Pt. 4” als exklusive Premiere! Dieser wird noch in diesem Jahr auf Tokomak erscheinen.

 


 

Maral, kannst du uns etwas zum Entstehungsprozess des aufwendigen Remix-Packages sagen? Warum bist du dieses Projekt ausgerechnet jetzt beziehungsweise im vergangenen Jahr angegangen?
Nach Christians Tod bin ich aus der Techno Szene ausgestiegen und konnte mir seine Musik für lange Zeit nicht mehr anhören. Während dieser Zeit erreichten mich aber immer wieder E-Mails mit der Anfrage, wo seine Musik digital erhältlich wäre. Christian starb ja 2003, als sich die digitalen Plattformen gerade entwickelten und aufgrund meiner langen Techno-Abstinenz war sein Katalog leider nicht digital erhältlich. In 2014, als ich wieder aus Paris nach Berlin zog, merkte ich, dass es an der Zeit war mich mit meinem vergangenen Trauma auseinander zu setzen und fing an, alte Kartons auszupacken. Ein Jahr darauf wusste ich, dass ich endlich dazu bereit war die Verantwortung, Christians Lebenswerk wieder zugänglich zu machen, nachzukommen. Seinen Backkatalog ließ ich neu mastern und ich traf die Entscheidung, die Wiederveröffentlichung mit einer Remix-Reihe zu begleiten. Die Idee dafür entspringt dem einfachen Gedanken, Christians Nachlass einer neuen Techno Generation vorzustellen und sein Werk zu zelebrieren. Da ich bereits schon viele Jahre aus dem Techno-Geschehen raus war, musste ich mich natürlich erstmal wieder vorsichtig herantasten. Alexander Kowalski, Lorenz von dem Dystopian Label und Don Williams unterstützten mich sehr bei der Auswahl der beteiligten Künstler und Kompakt stand mir mit unglaubliche Großzügigkeit bei der Umsetzung des Projekts zu Seite.

Das Artwork der einzelnen Platten wurde von dem amerikanischen Künstler Nathan Baker gestaltet, die Box von dem deutschen Maler und Bildhauer Thomas Scheibitz. Wie ist die Idee entstanden für dieses Projekt mit zwei Bildenden Künstler zu arbeiten? Und welchen Bezug haben die beiden zu der Musik von Christian?
Christian hatte selbst Kunst studiert und war trotz seiner Musikkarriere recht kunstaffin – was auch hörbar in seiner Musik war, die häufig Avantgarde, Pop und Techno zusammen brachte. Es war mir also von Anfang an klar, dass ein exklusives Artwork-Konzept ein wichtiger Bestandteil dieses Projektes sein wird. Nathan Baker traf ich 2015 in Berlin. Er ist ein leidenschaftlicher Techno Fan und war vertraut mit Christians Musik. Thomas Scheibitz ist auch ein großer Musik Fan und wurde mir von einem Freund, Andreas Reihse von Kreidler, vorgestellt. Thomas hat grundsätzlich großes Interesse an Musik, die sich nicht klar genrespezifisch einordnen lässt. Ich schickte ihm einige Tracks von Christian und er mochte die Musik. So kam es dann zu einer Zusammenarbeit.

Die Remixes stellen gleichzeitig auch das Comeback deines eigenen Labels Konsequent nach zwölf Jahren dar. Wie kam es dazu, dass du es jetzt wieder reanimierst?
Nach Christians Tod wollte ich mein Leben umkrempeln und alles radikal verändern. Ich stellte Konsequent Records ein und startete das Label Television Rocks, worauf ich unter anderem auch mein neues Projekt Kali veröffentlichte. Kali ist mein Alter Ego, mit dem ich ein Crossover aus Trap und Bass mit indischen und nordafrikanischen Elementen produziert und veröffentlicht habe. Ich schätze, ich musste erstmal so weit wie möglich weg von dem was ich ursprünglich gemacht hatte, um mich wieder damit zu versöhnen. 


Stream: Christian MorgensternMiscellaneous Pt. 4 (Don Williams Remix)


Christian MorgensternRemixes (Konsequent)

Remixes 1/8
A – Miscellaneous 10 (Distant Echoes Remix)
B1 – Steigreider (Mistake Made Remix)
B2 – All Night Dancing (Original)
Digital: Miscellaneous 6 (CTRLS Remix)

Remixes 2/8
A – Spiegelkerker (Efdemin Remix)
B1- Miscellaneous Pt.7 (Psyk Remix)
B2- Return To The Living Deaf (Original)
Digital: Miscellaneous 9 (Ben Kaczor Remix)

Remixes 3/8
A – Be Good To Me (Fanon Flowers Remix)
B1- Visco Space Saves The World (Henning Baer Remix)
B2- Herz Aus Stahl (Original)

Remixes 4/8
A – Steigreider (d_func. Remix)
B1 – Aces High (Jeroen Search Remix 1)
B2 – Lydia To The Edge Of Panic (Original)
Digital: Steigreider (Jeroen Search Remix 2)

Remixes 5/8
A – Spiegelkerker (Maral Salmassi Remix)
B1 – Ex Machina (TWR72 Remix)
B2 – Girls Got Rhythm (Original)

Remixes 6/8
A1 – Lydia To The Edge Of Panic (Alexander Kowalski Remix)
A2 – Miscellaneous Pt. 7 (Trolley Route Remix)
B1 – Little Green Apples (Jeff Rushin Remix)
B2 – Konfort Corpse (Original)

Remixes 7/8
A1 – Malaria (Dr. Shingo Remix)
A2 – Spiegelkerker (Staffan Linzatti Remix)
B1 – The Future Is On Fire Pt. 1 (Stanislav Tolkachev Remix)
B2 – The Future Is On Fire Pt. 1 (Original)

Remixes 8/8
A – Ex Machina (Christian Wunsch Remix)
A2- Ghost Town (Mørbeck Remix)
B1 – Miscellaneous Pt. 1 (Jonas Kopp Remix)
B2 – Lydia To The Edge Of Panic (Original)

Format: 8×12″, digital
VÖ: 24. Februar 2017

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