Das bislang erfolgreichste Projekt von Flügel und Wuttke war Alter Ego. Angefangen hat alles 1994 auf dem unter Beteiligung von Sven gegründeten Label Harthouse, das einige Jahre lang eine wahre Clubhit-Maschine war. Alter Ego setzten auf Harthouse andere Akzente, ihr Debütalbum wurde als Electronica-Meisterwerk gefeiert. Im Schlepptau von Sven Väth zogen die beiden auf Harthouse-Tourneen um die Welt. Doch nachdem sich Väth von den anderen Teilhabern des Labels trennte, folgte der Konkurs. Die Firma hatte ihre Möglichkeiten überschätzt, und so standen Alter Ego plötzlich ohne Vertrag da. Doch Flügel und Wuttke besannen sich darauf, dass sie ja noch Klang Elektronik hatten.


Video: Alter Ego – Rocker

2004 erschien die Single „Rocker“ und das dazugehörige Album Transphormer. 2005 fand sich das Frankfurter Duo mit „Rocker“ in den deutschen, französischen und britischen Charts wieder, ein Erfolg, den Flügel im darauffolgenden Jahr mit „Geht’s noch?“, seiner ersten Single unter eigenem Namen, fast wiederholen konnte. „Rocker“ war irgendwie cartoonesk und extrem hittig. „Wir machten uns im Studio von allem frei, was Techno oder House eigentlich ausmachte“, erinnert sich Flügel. „Die Nummer ist so aufgebaut, als würde da eine elektronische Dreimann-Band Punk oder Powerpop spielen. Das war der spezielle Reiz daran, der im Club auch irritierte. Kurzzeitig waren wir näher bei The Jam als bei Carl Craig.“ Geplant war der Erfolg nicht. Alter Ego griffen lediglich auf, was bereits in der Luft lag. Es schien, als hätte sich der Techno der neunziger Jahre, der für all die Projekte der beiden in seinen verschiedenen Facetten die Grundlage war, überlebt.

„Wenn man Techno als globales Phänomen betrachtet, wurde kein Trend noch mal so gross“

Im Robert Johnson hatte Ata diesen Vibe aufgegriffen. Seine Sets inspirierten Alter Ego so sehr, dass sie sich mit ihrem dritten Album Transphormer völlig neu verorteten. Ihre Sozialisation mit dem Pop- und Indie-Sound der achtziger Jahre half ihnen sicherlich bei dieser Neuerfindung von Alter Ego. „Zu dieser Zeit verlor sich Techno in diesem Schranz-Geschredder. Als Gegenentwurf gab es die Deephouse-Expertenrunde und auf einmal dieses Poppige, das man irgendwann Electro Clash nannte. Zu diesem Phänomen trug Gigolo viel bei. Die brachten andere Aspekte rein, es wurde plötzlich Wert auf eine Bühnenpräsenz gelegt, auf den Platten wurde gesungen, es gab Melodien, die sofort hängen blieben. Diese Leute sagten: Faceless Techno brauchen wir jetzt nicht mehr.“

Wie in einer Beziehung

Why Not?!, das vierte und letzte Album von Alter Ego aus dem Jahr 2007, war zwar ähnlich rotzig wie der Vorgänger, machte aber wieder ein paar Schritte zurück zu Techno. Das Cartooneske und Plakative blieb, streckenweise klangen die Stücke wie ein ironischer Blick zurück auf Rave. Das Duo war ständig auf Tour. Nach dem anstrengenden letzten Gig-Marathon war eine Pause angesagt. Aus der Pause wurde das Ende der Zusammenarbeit zwischen Flügel und Wuttke. Heute haben die beiden nur noch sporadisch Kontakt. Was sie noch verbindet ist ihr gemeinsames musikalisches Werk, das sie nun Zug um Zug auf dem neu gegründeten Label Alter Ego Recordings wieder herausbringen, teilweise mit Remixen und unveröffentlichten Tracks als Bonusmaterial.

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