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BRAILLE Mute Swan (Friends of Friends)

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Als der aus Brooklyn kommende Produzent Praveen Sharma vor vier Jahren das Projekt Braille aus der Taufe hob, schien die Richtung zunächst klar skizziert zu sein. Es ging um mehr oder minder nach vorne stürmende Houseplatten, die ihre Einflüsse aus klassischem US House und UK Garage bezogen, aber durchaus auch mal Rave- oder Hardcore-Elemente aufgriffen. Drei tolle Braille-Maxis hat der New Yorker in diesem Geiste produziert, erschienen sind sie bei Rush Hour, Hotflush und Glass Table. Zuvor kannte man Praveen Sharma von experimentelleren Electronica- oder IDM-Platten, die er solo beispielsweise auf Neo Ouija herausbrachte. Vor allen Dingen kennt man ihn aber als Teil des Duos Sepalcure, das er vor fünf Jahren gemeinsam mit seinem Partner Machinedrum gründete, um auf den Trümmern von UK Garage und Dubstep Tracks von einer ganz eigenen Schönheit zu erschaffen.

Mit Braille wollte er etwas völlig anderes machen: Housemusik, die das Gefühl anspricht. Funktional im Sinne von DJ-Bedürfnissen waren diese Tracks allerdings noch lange nicht. So viel Spaß die ersten drei Braille-EPs heute noch machen, auf LP-Länge wäre die Sache wohl eher ermüdend geworden – zumal die Ideen, mit denen Praveen Sharma damals so etwas wie ein Vorreiter war, inzwischen auch von vielen anderen bis in den letzten Winkel durchgespielt worden sind. Auf Mute Swan, was der englische Terminus für Höckerschwan ist, lässt Praveen Sharma die Tanzfläche hinter sich. Angedeutet hat sich dies bereits im Februar, als mit der EP „Everyone’s Crazy“ seine erste Platte beim in Los Angeles beheimateten Label Friends of Friends erschien. Sein neues Album reflektiert den schmerzvollen Bruch einer Beziehung. Es ist das Album eines Musikers, der sich dennoch nach einer lebenslangen Verbindung sehnt – also nach dem, was den Schwänen gegeben ist. Und doch bleibt auf Mute Swan einiges, wie es war. Was den frühen Braille-Tracks und diesem, ja man muss das so sagen, überaus großartigen Album gemein ist, das ist dieser melancholische Optimismus, der sich jeweils kurz vor euphorischen Eskapaden wieder auf seine traurige Natur besinnt. Praveen Sharma nimmt das Tempo raus, schreibt heute Songs statt nur Fun-Tracks und singt seinen Großstadt-Blues sogar teilweise mit verfremdeter Stimme selbst, sofern das nicht gerade Gastvokalisten übernehmen. Produktionsseitig hat er sich noch Throwing Snow (Houndstooth) und seinen ebenfalls aus Brooklyn stammenden Freund Seafloor ins Boot geholt. Die 13 Stücke streifen R’n’B, Bass Music, HipHop, D’n’B oder Footstep – dazwischen, wie etwa auf dem wunderbaren von Angelica Bess gesungenen „Better Than Nothing“, rollende 808-Bässe und House-Keyboards. Eines der Alben, das man tatsächlich haben muss. Unbedingt.

 


Stream: BrailleMute Swan

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