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ACTRESS Ghettoville (Werk Discs)

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„Four albums in and the notes and compositions no longer contain decipherable language. R.I.P. Music 2014.“ Das ist ein Teil der kryptischen Botschaft, die Darren Cunningham alias Actress im Januar verlautbaren ließ. Tja, zum einem kann man jetzt jubeln, da Actress sein viertes Album veröffentlicht. Andererseits könnte das aber auch bedeuten, dass Cunningham keinen Bedarf mehr für sein Alter Ego Actress hat. Im Oktober hat er schon drei Tracks zum freien Download angeboten, im Nachhinein könnte das wie eine Räumung gedeutet werden – schnell noch die Festplatten des Studios leer machen. Oder die vage Nachricht verheißt noch Schlimmeres: Er wendet sich komplett von der Musik ab. Falls das der Fall sein sollte, ist die elektronische Musik um einen großen Hype ärmer. Aber leider auch um einen ihrer aktuell virtuosesten Beatbastler und Loop-Poeten!

Ghettoville heißt sein viertes Album und wie der Name schon vermuten lässt, knüpft Actress damit an sein fulminantes Debüt Hazyville von 2008 an. Das wird übrigens zeitgleich erstmals auf Platte veröffentlicht, komplett neu gemastert und zusammen in einer Box mit Ghettoville. Das Ende und der Anfang – ist auch das ein Hinweis?

Egal, genug des Rätselratens, immerhin gibt es 16 neue Tracks zu hören, verteilt auf drei Vinylscheiben. „Forgiven“ ist der düstere Anfang, der mit seinem schleppenden Takt wie ein ungemütlicher Sandsturm im Gehör schmirgelt. Kein leichter Einstieg, doch Geduld zahlt sich aus. Erst bei Titel sechs, „Birdcage“, kommt ein Teil der diffusen Hochstimmungen, die schon die Alben R.I.P. und Splazsh prägten, zurück. Bei „Time“ schnipselt sich ein gespenstisches Vocalsample kurz ins Kurzzeitgedächtnis, zurück bleibt ein wohliges Gefühl der Ratlosigkeit.

Was macht Actress nun eigentlich so besonders? Es sind die Loops auf gefühlter Endlosschleife, die dennoch nie langweilig oder unterfordernd wirken. Tracks wie „Gaze“ oder „Rap“ könnten auch zwanzig Minuten laufen, denn Cunningham hat ein untrügliches Gespür für Spannungsmomente – alle Tracks von ihm sind kurz vor dem Kippen, hin zum Überdruss oder zurück ins Bruchstückhafte und Unkonzentrierte. Gepaart mit Lo-Fi-Ästhetik und Mehrdeutigkeit ergibt das ein unfassbar anziehendes Gesamtwerk. „Don’t stop the Music“ tönt es in einem Interlude, trotz all der unverständlichen Andeutungen rings um Ghettoville herum wird diese klare Botschaft zum Bedürfnis. Und falls die Musik doch aufhört zu spielen, war zumindest der letzte Tanz mit Actress so fantastisch wie der erste.

 


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