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Meine Stadt: Ray Okpara über Mannheim

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Erstmals erschienen in Groove 140 (Januar/Februar 2013)

„Ich soll über Mannheim erzählen? Ha, ich bin aber in Nigeria geboren! Erst mit neun Jahren bin ich nach Mannheim gekommen, eigentlich nach Heddesheim, erst später dann Mannheim. Und ich liebe diese Stadt! Ich bin ein Mannheimer, der in Berlin wohnt, seit etwa einem Jahr. Mannheim ist und bleibt meine Heimat, da bin ich zu Hause. Dort habe ich die meisten Freunde, mir sind alle Winkel der Stadt vertraut und an jeder Ecke hängen Erinnerungen, weil man überall mal Schabernack getrieben hat.

Ich vermisse Mannheim zwar nur selten, aber das liegt daran, dass ich in Berlin so abgelenkt bin. Alles ist hier schneller, anonymer, man kann sich eher verlieren als in Mannheim. Dort laufe ich durch die Straßen, und treffe immer irgendwen, den ich kenne! Wenn, dann vermisse ich vor allem die Ehrlichkeit, denn es ist alles so herzlich dort, wie in einem großen Dorf! Die Leute sind offen. Wenn sie Dich mögen, dann mögen sie Dich, aber sie lassen es Dich auch wissen, wenn es nicht so ist! Ansonsten kommt man immer gut klar mit den Mannheimern.

 

„An Mannheim vermisse ich vor allem die Ehrlichkeit, denn es ist alles so herzlich dort, wie in einem großen Dorf!“

 

Mein Lieblingsort ist der Waldpark in Lindenhof, dort fühle ich mich am wohlsten. Das liegt direkt am Rhein. Ein Naturgebiet mitten in der Stadt, eigentlich das einzige größere Waldareal in Mannheim. Dort kann man wunderbar rumhängen oder laufen, seinen Hund ausführen, mit dem Fahrrad fahren oder ins Schwimmbad gehen. Gerade im Sommer ein idealer Aufenthaltsort! Düster wird’s allerdings, wenn ich an Plattenläden denke, denn es gibt gerade kaum einen nennenswerten Laden. Dafür bin ich immer nach Frankfurt gefahren, Mannheim hat da leider nichts zu bieten außer den üblichen Einkaufsstraßen, durch die sich am Wochenende die Leute aus dem Umland schieben.

Aber das Umland von Mannheim ist eine Erwähnung wert! Fährt man ein paar Kilometer in die Pfalz, ist man in kleinen ländlichen Dörfchen. In die andere Richtung nach Württemberg liegt Heidelberg, das ist auch schön, und viele meiner Freunde wohnen dort. Jede Stadt glaubt von sich, die coolere zu sein! In den kleinen Pfalz-Dörfchen gibt es im Sommer immer Weinfeste, aber da war ich nur als Teenager, bevor mich der Techno gepackt hat. Das war im Milk!, da lief in den frühen Neunzigern Techno, House, Happy Hardcore und Drum’n’Bass durcheinander. Wenn ich jetzt in Mannheim weggehe, dann ins Zimmer oder in die Disco Zwei, das sind derzeit die angesagten Läden. Cool ist auch das Action, eine schwul-lesbische Kneipe, die es jetzt schon seit 20 Jahren gibt. Eine Institution in Mannheim! Da kann man immer hin, zu jeder Uhrzeit. Man kann sich aber auch verlaufen, ganz schlimm finde ich die California Bar, eine amerikanische Hip-Hop-Bar, so richtig schlecht! Aber mein Geschmack soll da jetzt bitte nicht maßgeblich sein.

Gewohnt habe ich erst im Jungbusch, mittlerweile das dickste Szeneviertel, wo ständig neue Läden aufmachen. Auch die Popakademie ist dort. Das neue Trend- und In-Viertel also, aber mit einem tollen veganen Restaurant, der Kombüse – großartige Burger machen die! Später bin ich dann in die Quadrate gezogen, in die Nähe des Schlosses. Man muss dazu wissen: Die Mannheimer Innenstadt ist quadratisch angelegt. Zum Glück hat’s aber nicht die großen Touristenfluten wie in Frankfurt oder Heidelberg. Viele Migranten gibt es, das macht die Stadt gerade für mich so lebenswert. Jeder ist nett, egal woher Du kommst. Ausländerfeindlichkeit habe ich in Mannheim nie erlebt. Nur in den kleinen Weinkäffern ist das anders. Als Kind habe ich mich da richtig falsch gefühlt.“

Ray Okparas Album Good Times ist bei Mobilee erschienen.

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