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MOTOR CITY DRUM ENSEMBLE DJ-Kicks (!K7)

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Stuttgart ist Mercedes, Köln ist Ford. Danilo Plessow ist das Motor City Drum Ensemble und hat in seinem Alter von Mitte zwanzig einen Umzug von Mercedes zu Ford hinter sich gebracht. Ford, Mercedes: Dem großen Rad, das sich unablässig dreht, sind derlei Feinheiten des Habitus egal. Schlüpfen wir durch die Pforte und hinein in das Dunkel, das sich vor uns ausbreitet, jenes Das-was-nicht-gemessen-werden-Kann. „Door To The Cosmos“ eröffnet die DJ-Kicks von Motor City Drum Ensemble. Im Chant aus der funky Phase des Sun Ra wird das All mit jener Nebensächlichkeit besungen, die seine Größe erst heraufbeschwört. „And I Dare To Knock/At The Door To The Cosmos.“ Ein schlauer Zug, denn so wärmt sich das Hörzimmer auf mit totaler Offenheit. Clubraum, Festivalzelt, wofür werden DJ-Mix-CDs in Zeiten der allgemeinen digitalen Verfügbarkeit von Klang noch mal verkauft? Und wie reagiert man darauf als Produzent, DJ oder Mixer? Das wäre die weltliche Frage, die es auch noch zu beantworten gibt.

Damit lässt sich die Serie von Tracks hier jedoch Zeit, reichlich Zeit. Es pluckert Bluenotes und Schellenkränze, es folgen Offbeats von Electric Wire Hustle und Tony Allen und „Mango Drive“ von Rhythm & Sound. Erst als auf einmal die Magnetbässe von Mr. Fingers’ „The Juice“ rummachen, stellt sich die Frage: Wie ist er denn jetzt zur Four und zum Floor gekommen? Es ist wie Zauberei, eine Kunst, in der Illusion und Handwerk zusammenfallen. Etwa für die erste Übergangsphase eins jener Tony-Allen-Stücke zu finden, die eigentlich ganz statisch wirken und dadurch wie ein bloßes Spannungsbogen-Tool, in der eine Spielanalyse jedoch ihre ganze Schubkraft offenbart. Zur Zauberei gehört deshalb auch das Kunststück, die ganze Zeit über die Spannung zu halten, die Frage nach der Richtung aber gar nicht erst aufkommen zu lassen. Man gerät sehr schnell hinein in diesen Strudel. Richtungen sind darin nicht mehr zu unterscheiden.

Stimmungen aber, und deren übergelagerte Ebene heißt Soul. Die weltliche Frage nach der Funktion der Institution „verkäuflicher DJ-Mix“ wird hier deshalb auch gar nicht erst beantwortet. Das ist anderes, fremdes, Terrain, falsche Denke! Überhaupt erweisen sich Plessows DJ-Kicks als frei von falschem Ehrgeiz – und das, obwohl neben den bereits genannten Größen noch Robert Hood, Walter Gibbons und Aphex Twin auftauchen. Die alten Motoren von Detroit, der Wind von Chicago, die Käuze von Cornwall, die Neugier junger Schwaben: Vor dem Weltall sind sie alle gleich. Das Motor City Drum Ensemble hat das Licht angeknipst im Dunkeln. Musik kann niemals universal sein, dafür ist sie zu sehr Teil ganz konkreter gesellschaftlicher Umstände. Menschen fahren Ford, Menschen fahren Mercedes. Musik kann indes, wie in diesem Fall hier, für einen bestimmten Zeitraum lang behaupten, universal zu sein, für alle empfänglich, für alle zu entziffern, in order to dance.

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